Les Essarts, 2. Etappe: Les Essarts - Les Essarts, 23km (CLM équipes)
Der Eilfertige und der Lahme treffen sich auf der Fähre wieder!
Radfahren ist doch irgendwie eine Pest. Das merke ich jetzt, wo ich diesen Beitrag meinem Teamkollegen Markus diktiere, der als einziger noch aufrecht sitzen kann. Der Rest liegt mit geradem Rücken auf dem Hotelteppich und wartet auf ein Nachlassen des Schmerzes im Rücken- und Nackenbereich. Ein Abebben des Hämmern im Kopf wäre auch nicht schlecht. Markus jedenfalls hatte heute leichtes Spiel, von Zeitfahren kann bei dem keine Rede gewesen sein. Als Dreier-Équipe haben wir ausgehandelt, dass nur zwei Fahrer im Zeitlimit ankommen müssen und der Rest, sofern er sich denn bereiterklärt nochmal die Strecke für die Top-Teams durchzufeudeln, sutsche machen kann.
„Der Kapitän entscheidet, wer diese Rolle übernimmt! Ich erkläre mich für diese verantwortungsvolle Aufgabe bereit und ihr nehmt das Zeitfahren in Angriff, ok?“, sagte ich heute morgen beim Nudelnessen zu meinen beiden TDF-Homies.
„Auf gar keinen Fall! Das landet vor dem CAS, darauf kannst du Gift nehmen!“, kam es einstimmig, bzw. zweistimmig zurück. Der Luftzug der beiden geschüttelten Zeigefiger vor meiner Nase verursachte ein leichtes Niesen.
Nachdem das Los entschieden hatte, dass das Los entscheiden sollte, zückte Simóns Mama Marisol, die Seele unseres Teams, drei Baguettes und Simón und ich zogen das kürzere. Natürlich. Aber um ehrlich zu sein war es besser fürs Team, Markus nicht auf ein Zeitfahrrad zu setzen. Mal davon abgesehen, dass er gar keins hatte. Bei 105 Kilo Lebendgewicht möchte ich nicht wissen, was aus einem Aero-Carbon-Zeitfahrrad für 10.000 griechische Euro geworden wäre, nachdem er sich draufgesetzt hätte. Im Vorfeld hatten wir für alle Notfälle, falls er doch zeitfahren gemusst hätte, ein Tandemrad umgebaut, um für die nötige aerodynamische Sitzposition zu sorgen. Weil er ansonsten auf dem Rad ja eher sitzt wie aufm Rasenmäher. Zur Disposition stand auch die Idee, einem Motorrad den Motor auszubauen und Pedalen dranzuschrauben. Oder er hätte einfach auf seinem gewöhnlichen Fahrrad fahren können, das war die letzt mögliche Idee.
Also waren wir zwei diejenigen, die am Mittag als erstes Team auf die Strecke ging. Abseits der Fernsehkameras natürlich. Ich hasse Zeitfahren. Habe ich das letztes Jahr schon gesagt? Man kann sich das so vorstellen: Man sitzt auf einem wackeligen Fahrrad, das sich schon am Rande dessen bewegt, was per Definition noch ein Fahrrad genannt werden kann, das zudem in bester Plastikqualität gebaut ist, nachdem man es aus Plastikplanen ausgeschnippelt und in einem Ofen gebacken hat. Wer fährt schon gerne sowas?
Der Helm hat in etwa die Form römischer Stahlhelme aus den Asterixfilmen, mit Ohrenklappen für die größt schlechteste Akustik. Der Sitzposition begegnet man in etwa des öfteren als Gartenfreund mit Knieschaden: Im 90°-Winkel hinknien, nach vorne kippen und das Ohr auf den Rasen legen um dem Wachsen des Grases zu lauschen. Und dann noch in die Pedale treten, etwa 25min lang. Mit 60 km/h. Quel plaisir!
Das Mannschaftszeitfahren ist nochmal eine besondere Situation, das Team ist nur so gut wie der fünftbeste Fahrer. In unserem Fall natürlich so gut wie der zweitbeste, beziehungsweise der schwächste. Also wie ich. Wir haben uns ganz anständig geschlagen und das Zeitlimit natürlich geschafft. Connections
Die anderen Teams hatten es da schwerer. Das Instrument für eine gute Zusammenarbeit und den richtigen Rhythmus ist der belgische Kreisel, der hier auf die etwas andere Weise von unserem besten deutschen Radteam in der 2. Liga, NetApp, erklärt wird Warum die es noch nicht in die Pro Tour geschafft haben? Gibt das Video darüber Aufschluss?
Neuer Mann in Gelb ist Straßenweltmeister Thor Hushovd, der Barbar aus dem Norden mit den fürchteinflößenden Augenhöhlen, die so tief sind wie der tiefste norwegische Winter. Heute hatte er schon als erster Sprinter der diesjährigen Tour das Bergtrikot getragen, als Stellvertreter für den Gelben von gestern, Philipe Gilbert, der Maillot Jaune, Vert, Pois Rouge in Personlaunion darstellte. Gewonnen hat also mein heimliches Lieblingsteam Garmin-Cervélo, das lediglich zu dieser Tour angetreten ist um dieses Mannschaftszeitfahren zu bestreiten. Den Hintergrund dazu liefert Andreas Schulz.
Morgen steht die erste reine Sprintetappe auf dem Plan und das Team Avonlea hat keinerlei Ambitionen, sondern fährt ein Ersatzprogramm. Wir werden uns auf digitale Weise mit dem Streik des Metronom in Norddeutschland solidarisieren und auf einen Fernsehnachmittag am Bord-TV verzichten. (Alles klar? )
Classement général
letour.fr/2011/TDF/LIVE/fr/2 … index.html
Die Tour-Zeitnehmer müssen unser Ergebnis noch nachtragen, das haben die wohl vergessen. Kann vorkommen. Also wir haben heute so ungefähr 32 Minuten gebraucht, offiziell. Dann die 4 Stunden und 48 Minuten von gestern dazu… Ach, das werden die schon noch zuverlässig ausrechnen.