Frankreich ist nicht unbedingt überproportional häufig Schauplatz in den Unterhaltungsromanen nicht-französischer Autoren. Es sei denn, es geht um Paris. Und überhaupt könnte man bei manchen Definitionen von Unterhaltungsliteratur froh sein, dass dieses schöne Land nicht für sowas herhalten muss. Aber da Unterhaltungsromane oft unterschätzt werden und manchmal überraschende Qualität haben, lohnt sich ein Blick auf ein paar Perlen. Es gibt sie, die gut gemachten dicken Schmöker, die einen nach Frankreich versetzen, das die Autoren wie wir zumeist als Touristen kennengelernt haben und die dadurch den Vorteil haben, als Außenstehende die Atmosphäre, Menschen und Landschaft sogar besser darstellen zu können als Einheimische, weil sie sie bewusster wahrnehmen. Wenn es dann auch an Sachkunde nicht mangelt gibt das ein schönes, lesenswertes Ergebnis. Wer so eine Lektüreperle hat, nur her damit.
Ich fange mal an mit einer, die ich dieses Jahr gelesen habe:
Eine Liebe in der Normandie von Greta Hansen.
Piper Verlag, Juli 2013
Nach dem ersten Weltkrieg trifft die Fischerstochter Mathilde an der Küste bei Trouville-sur-Mer auf den Maler Roger, und - natürlich - ist der ihre große Liebe, die aber - ebenfalls natürlich - Neider hat. Was dann aber folgt ist ein sehr interessantes und atmosphärisch dichtes Porträt einer spannenden Zeit, eines Landes zwischen dem Meer und Paris, und einer jungen Frau, die sich als alleinerziehende Mutter ihren Weg in der kontrastreichen Gesellschaft der normannischen Küste sucht. Die Charaktere sind manchmal ein bisschen oberflächlich oder unglaubwürdig, aber der große Star ist die Darstellung der Landschaft und der Zeit, die beide sehr authentisch wirken. Man fühlt sich durch viele Details und Beschreibungen in die Normandie des frühen 20. Jahrhunderts versetzt, die Zeit zwischen den Kriegen. Man bekommt Verständnis für die Personen und ihr Handeln und bekommt Frankreich und seine Gesellschaft anschaulich und interessant dargestellt. All das mit Hilfe einer zarten Melancholie und Langsamkeit, die wohltuend wirkt.
Am Ende ist es ein Buch über eine Epoche und über die Entwicklung einer Frau. Ich hätte mir aufgrund ihrer Entwicklung fast gewünscht, dass sie und Roger sich nicht wiederfinden, sondern dass sie ihren Weg weitergeht, weiter wächst und eine neue Liebe findet. Das wäre nicht mal ein trauriges Ende gewesen, sondern ein konsequentes. So bleibt das Ende leider vorhersehbar (aber möchte man das nicht eigentlich auch, wenn man sowas liest? ), ändert aber nichts an vielen schönen Lesestunden in der Normandie. Oder so gut wie in der Normandie. Würden wir eine Bewertungsskala haben, würde ich das hier geben:
7 von 10.