die ewig-gestrigen

tja, mal was aus meiner stadt.

am 09.11. haben sich einige bürger meiner stadt am platz der ehemaligen synagoge versammelt. haben kränze niedergelegt, und schweigend des datums gedacht.

so weit, so gut.

einige zeit, nachdem diese leute wieder nach hause gegangen waren, hat irgendwer dort ein plakat dieses kleinen österreichers aufgehängt, mit dem spruch drauf « yes we can ».

als ich es erfuhr, fehlten mir die worte.

Der Dummheit sind eben keine Grenzen gesetzt… :frowning:

…und mutig wie immer…

„der Schoß ist fruchtbar noch…“ (B.Brecht)
:frowning:
Für meine Landsleute, die jenes Datum nicht unbedingt kennen:

Tut mir leid, zu so viel Blödheit fehlen mir auch die Worte.

In der letzten Zeit geht mir öfter ein Lied von BAP durch den Sinn « Kristallnaach »…

ich bin vor einigen jahren am strand flanderns spazieren gegangen. es war ein freitag und mir kam eine gruppe männer und kinder entgegen. schwarz gekleidet.

beim näherkommen erkannte ich auch zöpfe.

im vorbeigehen sagte ich « schalomm » (so mag es sich anhören, wenn ich es ausspreche) und sie grüssten zurück.

in meinem laden zurückgekehrt fragte ich einen kunden, von dem ich wusste, das er im jüdischen glauben lebt, warum man sowas nicht auch hier erleben kann. seine antwort war einfach:

man habe immer noch angst.

Moin,

die Küste Flanderns ist ungefähr ab Bray-Dunes über Dunkerque bis Calais erlebbare Geschichte! Als wir dort zum ersten Mal waren, hat es uns beim Anblick der Bunker schlicht und ergreifend die Sprache verschlagen, Schuldgefühle machten sich breit. Noch heute sind in manchen Bunkern Anweisungen auf deutsch zu lesen, sofern diese nicht zugeweht oder zugewuchert sind. Dasselbe gilt für ein Gebäude im Innenhafen von Dunkerque, an dem wir beim Vorbeigehen die Inschrift « Hafenkommandantur » auf deutsch lasen.

Ich weiss noch, dass ich als Schüler sogar gegen rechten Rotz demonstriert habe. Damals war ich Mitglied der Falken, gerade 14 und bin in vorderster Front mit Transparent mitgelaufen. Die Demo endete am aufgelassenen jüdischen Friedhof in Schwalmtal-Waldniel, meinem damaligen Wohnort. Und noch heute verneige ich mich jedes Mal, wenn ich an bestimmten Stellen in Viersen vorbeikomme, wo sogenannte Stolpersteine verlegt wurden. Und jedes Mal geht es mir pottendreckig. Ich kann es nicht verstehen, warum wir neuerdings einen NPD-Ratsherr haben und ich kann es auch nicht verstehen, warum sich der braune Rotz nicht ausrotten lässt. Das macht mich einfach nur todtraurig!

LG,

Oliver

Hier wohne ich in der Nähe des Platzs der Synagoge und am 9. November ist nichts passiert… niemand hat dran gedacht.
Stimmt auch, dass die Uni Göttingen damals gar nichts gegen das Nationalsozialismus hatte, im Gegenteil. Als würde man sich schämen…

Das mit dem Plakat ist echt, auf Deutsch gesagt, zum kotzen. Diese Leute haben keine Ahnung von nichts. Ich hoffe, dass er/sie bestraft wird/werden.

Einfach nicht aufregen - ganz einfach nicht aufregen. Regt ihr euch auf - befasst ihr euch mit Ihnen, und genau das wollen Sie doch.

Sie sind wie kleine Kinder - ignoriert sie und sie geben Ruhe.

Und wer erklärt dann den Kindern an den Schulen, wo dieses Gesocks seinen Müll verbreitet, dass sie das ignorieren sollen? Mann muss nur aufpassen, dass aus « Ignorieren » nicht « wegsehen » wird. Das hatten wir schon einmal…

ich sehe nie weg. und man kriegt sie immer, denn ihnen mangelt es an wissen, in der regel.

aber dazu auch ganz aktuell gestern im tv:
im zweiten weltkrieg hatten die amerikaner getrennte blutkonserven. die einen waren von weissen GIs, die anderen von « farbigen ». gab es , zb. nur verletzte unter den söhnen amerikas, deren vorfahren aus afrika stammten, aber nur blutkonserven reserviert für die weisse rasse, dann mussten die jungs eben verbluten…

stand da nicht irgendwo in der bibel, wer frei ist von schuld, der werfe den ersten stein?

aber mal ehrlich, welche deutsche schulklasse fährt mal nach bergen-belsen oder buchenwald, wer war schon mal in verdun, oder hat sich mal gedanken im sommerurlaub gemacht, wenn er bunkeranlagen sah.
(siehe oliver)

Ich dachte, das gehört gewissermassen zum Pflichtprogramm

zu meiner zeit war’s das… :unamused:

Zu meiner Zeit nicht, weil es einfach zu weit war.
In Buchenwald waren wir vor ein paar Jahren und es war ein Erlebnis das ich mit Worten gar nicht wiedergeben kann.

etdit:
ok,weit schon, aber das war in verbindung mit einer klassenreise nach niedersachsen mit abstecher nach bergen/belsen

dafür erlebe ich heute praktikanten in meiner firma, die den reichspropagandaminister nicht mal kennen, weder vom bild her noch vom namen. gemordet haben die nazis und nicht evtl. auch die eigenen urgrosseltern, da wird nicht nachgefragt, eigentlich war ja ganz deutschland heimlich im widerstand… :imp:

manche wissen ja nicht mal, von wann bis wann der 2. weltkrieg war. den ersten kennen sie schon gar nicht mehr und mit den zahlen 1870/71 können sie schon übernichts mehr anfangen.

aber das der franzose der « franzmann » und ein froschschenkel-« fresser » sei, das weiss man noch vom grossvater…

na denn … frohe ostern :smiling_imp:

Moin,

ich habe vor vielen Jahren einen Ausflug nach Hadamar in Hessen gemacht. Dort befindet sich heute eine Gedenkstätte in einer ehem. « Euthanasie-Anstalt ». Als wir durch die Ausstellung geführt wurden, bekam ich Beklemmungen. Erst recht, als ich auf einer Stellwand, auf der auch andere « Anstalten » verzeichnet waren, den Namen meines Heimatortes sah. Noch keine 15 km von meinem jetzigen Heimatort entfernt befand sich in Schwalmtal-Hostert ebenfalls eine « Anstalt ». Diese Einrichtung wurde eigentlich von Ordensschwestern gegründet, um Behinderte zu fördern und zu pflegen und wurde von den Nazis sukzessive zur Euthanasie-Anstalt « umgeformt ». Die Gebäude stehen heute noch, nach dem Krieg wurde der Komplex als britische Schule benutzt. Mittlerweile steht der Komplex leer und ist in privater Hand. Es gibt aber auch einen kleinen Kreis, der sich um das « Erbe » dieses geschichtsträchtigen Ortes kümmert.

LG,

Oliver

na oliver, dann fahr doch mal nach willich, also bei uns um die ecke. am bahnübergang gibt es eingeebnete flächen, absolut unkenntlich. darunter liegen kinder. man hat ihnen nach der geburt beim sterben zugesehen, um herauszufinden, wie lange ein kind ohne nahrung leben kann. auf der anderen seite des bahndamms war dann eine sogenannte aussenstelle. erinnerungstafeln sucht man vergebens.

ps. krefelder juden haben sich gegen die sogenannten stolpersteine ausgesprochen, weil die sind ja in der erde eingelassen und würden nur verdrecken.

Was so nicht stimmt. Sie sind ja nicht in der « Erde », sie sind im Asphalt. Und durch das Drüberlaufen glänzen sie eigentlich immer stärker.

Auschwitz/Birkenau bei Krakau…das, was ich dort gesehen habe, ist nicht mit worten wiederzugeben und werde ich mein leben lang auch nicht vergessen.