Côte Varoise und Massif des Maures

Ich war ja weg letzte Woche und möchte euch ein bisschen was präsentieren, dabei ein paar Fotos loswerden.
Es heißt, dass außerhalb von Europa keiner Porquerolles kennt. Vielleicht stimmt das, aber sicher ist: Offenbar fährt jeder Europäer, der die Insel kennt, im Sommer dorthin, wandert für einen Tag und fährt dann zurück an Land. Ein Geheimtipp ist sie nicht, aber die vielen Touristen sind nicht zu unrecht dort.

Lage
Am südlichsten Punkt der östlichen französischen Mittelmeerküste liegen die Îles d’Hyères, nahe der Halbinsel Giens. Das Archipel besteht hauptsächlich aus den drei Inseln Île Levant, die sich Militär und naturistes teilen, dem Nationalpark von Port-Cros und der größten der Inseln, Porquerolles. Den Beinamen Îles d’Or, die Goldenen Inseln, erhielten sie vermutlich aufgrund des speziellen Gesteins, das im Sonnenlicht glänzt. :wink:

Geschichte
Porquerolles war zunächst wie so viele Inseln ein Ort für Gefangene, die Flucht ist unmöglich, 1254 ha sind überwachbar. Später wurde sie Soldatenstation Napoleons, eine Insel für Quarantäne und Verwundete.
Das kleine Dorf auf Porquerolles wurde zwischen 1820 und 1825 gebaut um die Militärfamilien anzuziehen. Mittelpunkt ist der sandige Dorfplatz mit einer gelben, schlichten Kirche.
1912 kaufte der belgische Unternehmer François-Joseph Fournier Porquerolles als Hochzeitsgeschenk an seine junge Frau und machte sie zu seinem persönlichen Königreich. Als er 1935 starb, stritt die Familie mit sechs Töchtern und einem Sohn um das Erbe und zerbricht daran.
In den 1970ern kauft der Staat die Insel zurück, Ende der Neunziger ist eine der Töchter Bürgermeisterin der Insel.

Das gibt es zu sehen:
Porquerolles ist wie die anderen beiden Inseln ein Paradies für seltene Pflanzenarten. Hier wächst eine Lavendelart, die sonst nur noch in Le Lavandou auf dem Festland vorkommt. Auf Porquerolles gibt es anders als auf Port-Cros keine Quellen, so sit die Natur an Trockenheit gewohnt und angepasst.
Der typische Touristenweg: Von der Fähre ins Touristenbüro und dann quer über die Insel zum Leuchtturm, einmal die Klippen runtersprucken und dann wieder zurück. Den Leuchtturm kann man nicht besichtigen. Das macht vier Kilometer Fußmarsch, in dem einem von den unzähligen geliehenen Mountainbikes in die Hacken gefahren wird oder vier Kilometer Radfahren, in denen man den Fußgängern in die Hacken fährt.
Das Fort Agathe aus dem 16.Jahrhundert liegt auf einer Anhöhe über dem Dorf und ist über recht steile Wege zu erreichen.
Eine tolle Sicht hat man auch von der Moulin du Bonheur, eine typische südfranzösische Mühle, die man gegen Gebühr besichtigen kann. Lohnend ist aber schon die Aussicht von dem Platz um sie herum. Man blickt auf die Bucht, in der der Hafen und das Dorf liegen bis rüber zum Festland. Auch schön: Wenn auf Porquerolles im Hochsommer die Luft steht, gibt es wenigstens hier Wind. (Das hat jetzt nichts mit der Windmühle zu tun! So schlechte Überleitungen mache ich nicht :smiley: )
Die Leute, die keine Lust auf große Fußmärsche haben, pilgern zu den schönen Stränden. Darunter der „silberne Strand“, der seinen Namen durch den dort vorherrschenden weißen Quarzsand bekommt.
Faszinierend sind auch die zahlreichen Calanques auf der dem Meer zugewandten Seite. Steile Klippen und wunderschöner, gleichmäßiger und kühlender Wind…

Und das war mein Besuch vor eineinhalb Wochen:
Wieder dunkle Wolken aus dem Westen, die in unsere Richtung ziehen. Es ist recht kühl, aber ich dachte mir, dass sommerliche Kleidung reichen müsste. Als wir in Tour-Fondue ankamen, von wo aus die Fähre geht, fing es ernsthaft direkt hinterm Ortsschild an zu schütten. Und nach drei Minuten hörte es auf. Dafür kam dann Sturm auf und wir bibberten in der langen Schlange am Schalter. Der Familientarif gilt leider auch nicht mehr für uns uns so zahlt man pro Person fast 17€ hin und zurück.
Die Fähre ist wie ein Bus, mit blauen Bänken und Griffen zum Festhalten. Die braucht man, denn die Fähre stampft ordentlich drauf los und rammt schwungvoll jede große Welle. Gut, dass man nur zwanzig Minuten fährt.
In Porquerolles angekommen scheint wieder die Sonne und verbrennt die Feuchtigkeit. Geschätzte 500 Leute pilgern den Steg entlang auf das Dorf zu. Zwei Männer sitzen am Hafen und schauen zu. Immer diese Touristen!
Im Dorf angekommen löst sich die Menge nur langsam auf, die einen suchen sich einen der bestimmt 20 Radverleihe, wollen entweder eines der blaugelben RenaultF1-Räder oder ein Specialized. Gut, dass es von beiden genug gibt. Die anderen stürmen in das Touristenbüro, das aussieht wie eine Eisdiele. Umsonst ist dort nichts. Die Standardbestellung ist eine Karte (2€ kostet der Wisch, ist aber wasserfest). Sämtliche andere Prospekte und Bücher sind angekettet und können vor Ort angegrabbelt werden.
Die dritte Gruppe setzt sich erstmal in ein Restaurant und erholt sich von den Strapazen der Überfahrt. Die vierte Gruppe ist auf dem Weg zu den Stränden und pustet schon unterwegs die Luftmatratzen auf.
Wir ordneten uns in die Wandertruppe ein, die am Leuchtturm die Klippen runterspucken wollte.

Auf Porquerolles fahren nur die Autos der Anwohner, sonst sind die Straßen Fußgängern und Radfahrern vorbehalten. Am Straßenrand stehen Pinien und es wächst überall Seltsames, das ich nicht benennen kann, aber alles zusammen macht, dass die Insel einen besonderen Geruch bekommt, ganz anders als auf dem Festland.
Links abbiegen und über Stock und Stein zum Leuchtturm. Man sieht ihn schon in fast naher Ferne, rechts sind Weinstöcke, links Pinienwald.
In der mittlerweile Mittagssonne am Turm angekommen, den man plötzlich nicht mehr sieht und der weiträumig abgesperrt ist, brechen die Leute im Schatten der Bäume zusammen, andere fläzen sich auf die eine Klippe, die eine kleine natürliche Treppenstufe hat, sodass man über sie hinweg direkt in das blaue Grauen schauen kann. Ein Kind flennt und will das auch. „Non! Il faut être grand.“, weist die Mutter es zurecht.

Nach einer Pause machen wir uns auf den Weg zur Calanque Indienne. Was das wohl sein mag? Gibt es dort vielleicht sogar einen Strand zwischen den Klippen? 500 Meter sind es, über einen schmalen Weg, der wohl extra mit Hinkelsteinen ausgestaltet wurde. Immerhin gibt es keine Fahrräder mehr hier.
Die Calanque Indienne ist beeindruckend, das Meer präsentiert sich aufgewühlt und rau, aber allein schon dem warmen, starken Wind nach zu urteilen immer noch unverkennbar südlich. Eine Weile bleibt man am Abgrund stehen, lehnt sich nur sehr vorsichtig in den konstanten Sturm, blickt um sich herum auf orangenes Gestein und Gestrüpp.

Hungrig schleppten wir uns zurück ins Dorf. zwei Kilometer. Ein ohrenbetäubender Lärm begrüßt uns im Inselinneren. Ich habe noch nirgends so viele Zikaden gehört wie hier. Ich hätte mir nie vorstellen können, dies hier jemals sagen zu müssen, aber es war wirklich schrecklich. Aber es bietet auch die Möglichkeit, diese Geister einmal zu sehen. Ich bestaunte eine an einem Strommasten. Endlich, nach zwanzig Jahren Suchen! Ein unscharfes Foto geschossen und dann schnell mit überstrapazierten und eingestaubten Füßen zurück zu unserer kleinen Wandergruppe gehumpelt.
Im Dorf wird einem dann nach diesem Naturerlebnis endlich wieder das Geld aus der Tasche gezogen. Man braucht nicht nach einem günstigen Restaurant suchen, sie sind alle gleich.
Gelähmt von der Hitze schoben wir uns eine Pizza hinter die Kiemen und ließen einen Liter Wasser in uns hinein laufen. Danach sollte es eigentlich besser gehen, aber irgendwie ging nichts mehr. Man schlurfte zum Hafen, einmal durchs Dorf und bestaunte am Ende des Hafens den Strand aus der Ferne und die Dunstglocke über Toulon. 33°C.

Jetzt schon zurückfahren? Für diese Tour haben wir 17€ bezahlt, dann sollten wir auch noch mehr angucken. Noch vor dem Weg hoch zur Mühle, als die Straße steil wird, kommt es zum Eklat.
Person 1: Nä! Da geh ich bestimmt nicht hoch! Geht ihr alleine.
Person 2: Ich hab auch keinen Bock. Ich trink lieber Cola.
Person 3: Wenn du nicht gehst, Person 1, dann bleibe ich bei dir.
Ich: Soll ich da alleine hochgehen, oder was?
Person 2: Ja.
Ich: Das ist aber auch doof. Dann kann ich auch hier bleiben.

Schließlich ging ich mit meinem Vater. Der Anstieg war wirklich schlimm, eine schlechte, steile Straße und wenig Schatten. Eine weiße Katze döst mitten auf dem Weg neben einem Roller.
Die Mühle ist so wie ich schon oben beschrieben habe. Nichts besonderes, aber die Aussicht von dem Plateau ist toll. Und es gibt endlich ein bisschen Wind. Wir machten kurz Fotos, einmal rundum und gingen zurück ins Dorf.
Das Beschwerliche an solchen Bergen ist, dass man auf dem Weg hoch rückwärts aus den Latschen rutscht und einem runter dann die Zehen auf der Straße hängen. Man hat es nicht leicht…
Ein Fußbrunnen wäre der Hit gewesen. Auf dem Dorfplatz ist so viel Platz, den sollte man nutzen.

Keiner sagte mehr ein Wort, wir überließen das Tönen den Zikaden und machten uns jetzt doch auf zur Fähre.
Wer hätte schon gedacht, dass es nach dem regnerischen Start noch so ein heißer Tag werden würde? Zudem noch auf einer Insel.
Ich setzte mich auf die schattige Bootsseite und bewunderte das blauste Meer, das ich bisher gesehen habe, und es ist wirklich so, das dieses Schnellboot schneeweiße Gischt produzierte. Schneeweiß. Das kenne ich nicht von unserem Hamburger Hafen. Auf der Elbe ist selbst die Gischt braun… Das war beeindruckend zu sehen.
Nur widerwillig ging ich an Land und musste mich in das Backofen-Auto schleppen. Im Kofferraum lag noch -jetzt frisch aufgebrühtes- Wasser. Beim Öffnen der Flasche dampfte es wie Tee. Leichte Übelkeit, aber danach keinen Durst mehr.
Zurück im Hotel fiel ich aufs Bett und schlief bis abends.
Mein letzter Gedanke: Einen Trip wert ist diese Insel. Es gab noch so viel zu sehen, aber wir sollten im Winter wiederkommen. Dann sind weniger Touristen unterwegs und es ist wohl weniger drückend heiß.


Auf dem Weg zum Leuchtturm


Calanque Indienne


Der beschwerliche Weg dorthin


Auf dem Weg zurück, erblickt man das Fort Agathe auf einer Anhöhe


Das Dorf


Blick ins Dorf von der Mühle aus


Die Mühle selber

Mehr Infos:
vom Touristenbüro
vom Südfrankreich Netz
Fotos

Och wie schön, die Insel sieht wirklich aus, als wäre sie einen Besuch wert. Danke für den Bericht und die tollen Bilder. :slight_smile:

W[size=75]eh[/size]O[size=75]h[/size]W[size=75]eh[/size]: Klasse Job: Man ist geneigt ernsthaft mit dir mitzuleiden und freut sich, dass dann doch noch alles mit einem sanften Fall ins Hotelbett ins Happy End mündet :wink:
Vor allem beim [size=150]steilen [/size]Anstieg auf den Berg habn mir direkt die Hacken wehgetan :laughing:

Meine :top: :top: :top: kriegst du. Bester Reisebericht der derzeit das Forum bewohnt.

als alter mitellmeer spezialist gebe ich auch eine gute note für diesen bericht :smiley:
aber eins hat mich schon erstaunt,bei all dieser schwitzerei… :astonished:
poquerolles und die aderen inseln,sind einer der grössten unterwasser schutzgebiete europas!ein paradies,das sich sehr leicht nur mit schnochel und tauchermaske erkunden lässt.wenn man dahin fährt und sich nur steine und bäume anguckt…hat man nach meiner meinung die hälfte verpasst und die erfrischung auch :wink:
portcrosparcnational.fr/docu … ier_sm.pdf

Nie gehört, den Namen dieser Inseln! Wieder ganz viel gelernt!
Aber für solche Wanderungen sollte man feste Schuhe anziehen, heiß her oder hin, und nicht vorne und hinten offene.

Salut Avonlea,
danke für Deinen tollen Reisebericht von der Insel in « meinem Département ». Aber wir sind ja im östlichsten Teil des Dep. zu Hause und die Îles d’Hyères liegen im äußersten Westen. Erschwerend kommt noch dazu, dass meine Frau auf kein Schiff geht, egal wie groß. Somit erledigen sich diese und andere Inseln, die keinen Verkehrsflughafen haben. Aber dank Deines Berichtes habe ich diesen Teil der Inseln wenigstens mal in Gedanken erlebt.
Schon seit mehr als 30 Jahren meide ich die Monate Juli und August und ich werde immer wieder darin bestärkt.

bonjour avonlea…

wundervoller Bericht. Leider war es mir noch nie vergönnt, auf die Ile de Porquerolles zu gelangen, aber ich bin ja noch jung :stuck_out_tongue: also hab ich noch Zeit…

Wirklich Chapeau, tolle Reportage…

Salutations,
Côtier
:coucou:

kicher Wir waren dieses Jahr mal wieder in Les Baux und ganz oben auf der äußersten Spitze trafen wir auf Deutsche, die heiss diskutierten. Er hatte feste Schuhe an, sie Flipflops g. Sie wollte nicht die sehr ausgelatschte Treppe hoch, er sagte: „Nun stell dich nicht so an, die Französinnen laufen hier ALLE mit solchen Schuhen rum.“ :laughing:

Ja, wenn man das kann, ist das natürlich viel besser. Aber leider geht das ja nicht immer. :frowning:

@avonlea

klasse bericht. man konnte richtig mitfühlen und bei geschlossenen augen alles miterleben.

Danke euch allen für die Standing Ovations :mrgreen:
Aber ich sehe, Côtier hat schon nachgelegt. Muss ich gleich mal lesen. Und dann kann ich weiter mein Reisetagebuch abtippen, vielleicht fällt dann noch ein bisschen für dieses Forum ab :wink: . Es gibt in der Gegend so viel zu entdecken, wir waren in einem wunderschönen Garten (Domaine du Rayol), der es wert ist besucht zu werden, wir haben das Massif des Maures erkundet und zahlreiche nette Dörfer.

Ja, Cri-zi, man sollte feste Schuhe anziehen, aber das hätte die Beschwerlichkeiten nur verstärkt. Meine Sandalen sind sehr gut und bequem, aber es war einfach zu warm. Mit Wanderschuhen wäre ich unterwegs wohl mit Hitzeschlag in den Straßengraben gekippt.

Ich hatte gelesen, dass man auch unter Wasser viel entdecken kann, aber Tauchen würde ich nie im Leben gehen. Nicht freiwillig.

Ich hätte wohl auch lieber Juli und August gemieden, aber das ist nie möglich. So schlecht war es aber auch nicht. Das bisschen Trubel und die Hitze sind doch ganz kuschelig. :slight_smile:

Ich habe jetzt den Titel geändert, damit ich hier noch mehr Berichte und Porträts aus der Gegend abladen kann :wink:

Auf Wunsch von Señor Colón berichte ich kurz von der Anreise-Odyssee:
Es war anstrengend und zu allem Überfluss waren wir noch selber schuld daran.
Nachts um zwei ging es los, alles kein Problem, bis nach Baden-Würtemberg ging es wunderbar, auch wenn aufgrund des Tempos und der schlechten Straße nicht an Schlaf zu denken war. Dann nach dem Frühstück meldete sich das Navi (solche Geräte hasse ich) und fing an zu plaudern. Stau auf der Autobahn Richtung Frankreich, Wartezeit über eine Stunde und so. Es war morgens um halb 9. Wie ist das möglich? Gar nicht, wie wir am Abend feststellten, als wir das Gerät ins Meer warfen und nachtraten…
Aber man glaubt ja an die Technik und fährt jetzt schon über die Grenze bei Rheinau. Es fing an zu regnen und irgendwie war die Landschaft zwischen Rhein und den Vogesen gespenstisch. Mit Verzögerung kamen wir dann zurück auf die Autobahn Richtung Colmar und dann den üblichen Weg. Ich wollte mir alles genau angucken, dieses neue Stück Frankreich, aber ich war soooo müde und die Straßen waren auch besser, so dass ich erst aufwachte, als wir an schon auf der A36 waren und an der Bezahlstation im Stau standen. Ich sah, wie rechts von uns der Rabobank Materiallaster mit Télepéage an uns vorbeirauschte und mir fiel wieder ein, dass heute die TdF-Etappe von Colmar nach Besançon stattfand. Im Abstand von wenigen Minuten überholten wir dann die LKWs fast aller Teams und standen an einem Rastplatz kurz vor Besançon neben denen von Liquigas und Ag2R. Es schiffte wie blöde, schon seit Stunden, und ich zweifelte plötzlich an der Gutwettergarantie in Frankreich.

Mit der Zeit kam aber die Sonne raus, auch wenn man beim Aussteigen fast erfror, bei 14°C. Gegen Mittag sollten wir Lyon erreichen, und ich ahnte beim Radiohören schon, dass Großes passieren sollte. Bison futé hat das Wochenende als « rouge » klassiert, was keine Überraschung war. Aber 100km Stau und eine voraussichtliche Ankunftszeit um 1 Uhr nachts, wie das Navi angab?
Noch glaubte man es und fuhr dann halt einen Umweg. In die Dauphiné. Die Landschaft ist faszinierend, man bekommt einen Eindruck von dem Nationalpark Vercors.110km Umweg. So landete man im Drôme und ich war orientierungslos. Zweifel am Navi wurden immer stärker, in regelmäßigen Abständen bekam es eins auf den Deckel, spuckte aber weiterhin Unglaublichkeiten aus. Es war Stau, aber nicht so schlimm wie es behauptete. Doch es gab keinen Weg zurück.
Das Drôme ist eigentlich schon eine provenzalische Landschaft und macht einem daher weis, dass das Ziel nahe sein muss. War es aber nicht. Bei Montélimar kamen wir zurück auf eine größere Straße und hatten immer noch Stunden Fahrt vor uns.
Erst bei Aix gab der Fahrer meinen Nörgerleien recht und kaufte einen Michelin Atlas Routier. Zu spät, aber für die Rückfahrt Gold wert, wie sich dann herausstellen sollte.
Um kurz nach 8 trudelten wir an der Küste ein, erblickten das Meer bei La Ciotat und wurschtelten durch Toulon auf die Straße nach Hyères und dann hoch zu unserem Urlaubsort Bormes-les-Mimosas.

Bormes-les-Mimosas

Ich habe diesen Ort ausgesucht und wäre daher auch Schuld daran gewesen, wenn er nicht so schön wär wie ich es versprochen hatte. Meine Bedenken waren aber nichtig, Bormes ist ein wunderschönes kleines, herausgeputztes Dorf in Hanglage mit Blick auf das Meer, auf diese kleine gebirgige Landzunge um das Cap Bénat und zu den Îles d’Or. Die Gassen sind schmal aber sehr sehr blumenreich, was mir hervorragend gefällt. Im Februar gibt es ein Mimosenfest; nirgends findet man so viele Mimosenarten wir hier.
Als wir den ersten Spaziergang durch das Dorf machten und auf Häuser mit lila bewachsenen Wänden stießen, musste einer von uns unbedingt Fotos machen von « den Mimosen », wie er sagte. Es fiel schwer, ihm die Illusion zu rauben, dass Mimosen lila sind und es sich bei den « lila Mimosen » um Bougainvillea handelt. Die lila Mimosen wurden unser Running-Gag der Woche…
In Bormes gibt es außer es selber nicht viel zu entdecken. Das Gesamtbild stimmt einfach, die Aussicht gehört sicher zu den drei besten, die ich je genießen durfte, und man staunt über allerlei Gärten und Pflanzen, die man noch nie vorher gesehen hat.
Über dem Dorf thront eine kleine, von Pinien umrandete Burg, die das Dorfbild komplettiert. Sie ist aber in Privatbesitz, zu der etwas anderen Villa ausgebaut und bewohnt. Auf der lohnenden Aussichtsplattform daneben auf Zehenspitzen gestellt kann man einen winzigen Blick in den Garten werfen. Aber pssst…

Anders als in vielen anderen Dörfern an der Küste leben in Bormes noch ein paar Einheimische und die steuern ihre Kleinwagen selbst in die allerengsten Gassen, klappen vorher ihre Spiegel ein und dann geht es Vollgas die steilen Wege hoch, wo man selbst als Fußgänger manchmal das Gefühl hat, hinten über zu kippen. Aber, wie wir erlebten, geht das nicht immer gut: Gleich am ersten Tag setzte eine Frau ihren Wagen am Berg in den Bürgersteig und hing fest. Alle Leute guckten zu und schließlich übernahm ein Tourist das Steuer und befreite den Wagen. So erklären sich die bröckelnden Treppenstufen…


Blick vom Aussichtspunkt an der Burg


Sicht auf das Dorf am Abend. Oben die Burg.


Mitten in Bormes, in der Morgensonne

Mehr Informationen:
Offizielle Homepage
Webcam

Hyères

Hyères ist die Stadt, in der der ganze Mythos um die Côte d’Azur seinen Anfang nahm. Hier schrieb Stéphen Liégeard 1887 seinen Roman mit dem Titel „Côte d’Azur“. Hier blühte der Kurtourismus als erstes und hier hörte er auch als erstes auf. Heute hat Hyères mit der Küste eigentlich nur bedingt etwas zu tun. Die Stadt ist zwar südlich, aber wenig maritim. Dafür gibt es Hyères-Plage, direkt neben dem Flughafen an der Halbinsel Giens. Früher gab es im flachen Küstenland rund um Hyères Salinen, die heute aber brach liegen.
Hyères selber ist eine griechische Gründung (Olbia) und erlebte somit schon früh eine Blütezeit.
Eine Studie aus diesem Jahr ergab, dass Hyères eine der zehn teuersten Städte Frankreichs ist, in denen man leben kann. Das mag erst verwundern, aber ich kann mir jetzt auch vorstellen, dass es sich hier gut leben lässt.

Wir suchten zentrumsnah einen Parkplatz am Place de la République. Das Parkhaus liegt direkt unter dem Platz, aber der Eingang muss erst gesucht werden und so drehten wir nach einem zu späten „Da! Jetzt rechts!“ halt eine Extrarunde um den Place.
Das Touristenbüro sitzt in einem wohnwagenartigen Verschlag und ist eine Außenstelle, denn das wahre Büro liegt weit außerhalb des Zentrums. Wer auch immer es dahin verlegt hat. Wir bekamen zwei Pläne, eine Tapete mit 3/4-Werbung, deren Ausbreitung uns sofort als Touristen gebrandmarkt hätte, und eine etwas kleinere, die besser half.
Hyères ist nicht besonders touristisch. Ich glaube, wir waren die einzigen Touristen mit Knipskiste und den Blick touristenüblich nach oben gerichtet.

Ich wollte zum Château. Der Reiseführer schrieb, dass der Weg zwar beschwerlich sei (Ach was, so schwer kann das nicht sein!), dafür aber die Aussicht grandios.
Man wurschtelte sich durch die Gassen zum Tour St.Blaise, von wo alle verfügbaren Fotos von Hyères aufgenommen werden und marschierten dann weiter zur romanischen Kirche St.Paul. Immer noch waren wir die einzige Touristen. Auf dem Platz vor der Kirche konnten wir durchschnaufen. Ein Blick zu einem hoch über der Stadt gelegenen Hügel ließ schon erahnen, was ich meiner Familie angetan hatte und noch antun würde. So war das nicht geplant, liebe Eltern, falls ihr das hier zufällig lesen solltet. Ich wusste das vorher auch nicht!

Zeitweise waren es bestimmt 20% Steigung und danach ging der Asphalt in Schotterpiste und Hinkelsteinweg über. Ich ging vor, und als ich es hinter mir schnaufend zetern hörte, legte ich einen Zahn zu. Immer schön außer Steinwurf-Weite bleiben.
Erst nach 15 Minuten gab es wieder ein Stück geraden Weg, auf Höhe der Villa Noailles. Ich wartete auf die anderen und machte mich auf was gefasst.
Es kam am Ende so, dass ich und mein Bruder alleine weitergingen, denn jetzt kam die Härte. Der Weg bis ganz nach oben ging neben quer über einen Hügel hinweg und sah aus wie ein ausgetrocknetes Flussbett mit noch mehr Obelisken darin, das mit Rindenmulch und Piniennadeln aufgeschüttet wurde.
Jetzt waren auch zwei andere Touristen da, die sich mit Mühe vor uns diesen Weg hochquälten. Als wir schwitzend und mit dem Wahnsinn in den Augen oben ankamen, stießen wir auf ein Auto. Eine Familie stieg aus, sah uns und lachte. Sie lachten zurecht und wir lachten auch. Wo ein Parkplatz, da auch eine Straße. Es musste so kommen.

Die Burg ist eine Ruine und nicht der Rede wert, doch die Aussicht hält, was sie verspricht. Ein unglaublicher Weitblick auf alles. Meer, Massif des Maures, die Salinen, die Halbinsel Giens, die Îles d’Or und auf die Stadt selber.
Ein paar Minuten schauten wir uns um, studierten die Aussichtstafel und stürzten uns dann die Trampelpfade wieder runter. Ich nahm für das letzte Stück dann die frisch entdeckte Straße.

Der Weg zurück war ganz angenehm, durch südfranzösische enge Gassen zwischen Häusern hindurch, die aussehen als könnte gelegentlich noch ein Nachttopf von oben kommen.
In einer Gasse entdeckten wir einen Baum, der im scharfen 90° Winkel aus einer Mauer wuchs. Wie ist das möglich? Wir rätseln bis heute.
Zurück im Zentrum von Hyères kauften wir eine Wasserflasche, füllten den Flüssigkeitsspeicher auf und setzten uns kurz in den Park, der an die Place de la République angrenzt. Das Interessanteste dort ist ein riesiger Ginko-Baum. Dass es die in dieser Größe überhaupt gibt! Man staunt immer wieder auf solchen Reisen.

Wir aßen in einem Straßenrestaurant in der Altstadt. Dort gab es so ein Berieselungssystem, das in regelmäßigen Abständen alle einnebelt. Ich fand das eklig und fühlte mich an Hamburger Nieselregen erinnert. Das muss doch nicht sein!

Fazit: Hyères lohnt sich auf alle Fälle, als Tourist ist man manchmal eher ein Einzelgänger. Die Innenstadt ist sehr schön, es gibt Unerwartetes zu entdecken und sei es nur die unverhoffte Straße zum Château.


Tour St.Blaise


Auf dem Weg zum Château in Hyères. Auf dem Platz vor der Kirche, bevor es hochging.


Auf auf, nach oben!


Rundumblick von der Burg auf das Massif des Maures…


und mit Tele runter in die Stadt auf die Place de la République


…auf die Halbinsel Giens mit Flughafen und Salinen

Mehr Infos:
Touristenbüro
Von der Mairie

Das mit der Straße habe ich auch mal erlebt, als wir zur Loreley hochstiegen. Da war es zwar schattig, aber steil, eng und stellenweise glitschig. Und oben dann: Riesenparkplatz, breite Straße… ich war so enttäuscht!

Die garantierten :top: :top: :top: allein schon für die Präsentation
Ich glaub bei dir ist der Berufswunsch nicht mehr offen :wink:
Klingt echt gut nach Slapstick mit dem Navi (darf man die Marke erfahren :laughing: ) und der Fahrer (bei dem ich mal auf deinen Schöpfer tippe) der tut mir beim lesen sogleich leid :wink:

Wo sind eigentlich deine Eltern in Hyres geblieben. Bei dem Anstieg, der mich unweigerlich - wie beim ersten auf der Insel bereits - an die TdF erinnert hat :wink: sie sind ja zurückgeblieben und später nicht mehr aufgetaucht im Bericht… Lumpenwagen, Urlaubsdisqualifikation wg Zeitüberschreitung, oder habt ihr sie beim Rückweg wieder aufgelesen… Und wer von euch allen kam auf die Idee, dass da keine normale Straße raufgeht? Der war ja der Buhmann des Tages

P.S. Ich kann inzwischen übrigens verstehen, dass du den 1 Tag TdF geglotzt und dich am Aufstieg auf den Windberg bestimmt amüsiert hast :stuck_out_tongue:

Toller Bericht und vor allem tolle Bilder! Auch von mir :top: :top: :top: Da bekommt man Lust sofort los zu fahren…

Die Straße erinnert mich sehr doll an die Via Domitia (fr.wikipedia.org/wiki/Voie_Domitienne), die ich von Ambrussum her so ausgelatscht/ausgefahren kenne.

Einem Navi traue ich gar nicht, wenn ich nicht eine Landkarte zum Vergleich habe. :wink: Da bin ich wohl etwas altmodisch und vertraue auch lieber meinen Sinnen.
Ich meine wenn man sich eine Karte und den Straßenverlauf anschaut kann man sich doch schon in etwa vorstellen ob die Strecke schön oder schnell oder kurvig oder gerade ist, oder?

Das wird sicher nicht mein Beruf. Ich will schließlich Geld verdienen!

Sehr gerne gebe ich hier die Marke preis: TOMTOM. Man kann es ruhig auch noch mal schreiben: Kauft kein TOMTOM! Das bringt nur Unglück. Mir tat mein Vater nicht besonders leid. Ich plädiere seit Jahren für eine schlichte Straßenkarte, aber Männer müssen ja immer was Technisches haben zum Rumspielen. :unamused:

Meine Eltern blieben auf halber Höhe im Schatten stehen und haben gewartet, bis wir vom Château wieder runterkamen.
Wir haben gar nicht darüber nachgedacht, dass es eventuell eine Straße geben könnte. Aber auch nicht daran, dass der Weg so bescherlich sein könnte. Auf einer zweidimensionalen Karte ist das nicht einsehbar. Eine ähnliche Situation hatten wir Jahre zuvor schon einmal in Menton. Da wollten wir zum Friedhof hoch und sind mitten durch die Stadt den Hügel hochgegangen, nur um oben auf ein Wohnmobil zu treffen, das uns vor die Füße fuhr. Aber man lernt offenbar nie…

Nicht nur da. Ich habe sämtliche Etappen gesehen und es war toll. Wir waren immer den ganzen Morgen und den ganzen Abend unterwegs um in der Nachmittagshitze im Hotel schlafen zu können. Da gibt es nichs besseres als sich vom Surren der Gangschaltung einlullen zu lassen :smiley:

Die Straße kannte ich gar nicht. Aber als ich die Bilder auf deiner Homepage gesehen habe (tolle Fotos :top:) stimme ich dem zu.

Wie wahr, wie wahr… Bis mein Mann sein Navi programmiert hat, hab ich schon drei verschiedene Routen auf der Karte rausgesucht. :laughing:

Ich habe ein TomTom und fahre so gut wie gar nicht damit. Allerdings kann ich mich toll mit der Tante zanken. Ich fahre nämlich ganz oft anders als sie will, dann wird die richtig zickig und ich warte irgendwie darauf, dass sie mir mal was an den Kopf wirft. ggg

:laughing:

Danke für den Bericht. Geteilter Urlaub ist doppelter Urlaub. :smiley:

Der Süden als Gemeinschaftserlebnis - so solls sein - und erst noch billiger. Da können wir mehr in den Norden insvestieren :mrgreen:

Schliesse mich den Komplimenten an :merci:

Nicht alle Männer… Himmel nochmal :pascontent:
immer alle in den gleichen Topf… grrr :imp:

Wie Ihr in meinem Bericht lesen könnt, habe ich in diesem Jahr (wohlverstanden zum ersten Mal -
und auch zum letzten) Mein Navi-Handy benutzt, und zwar um das New Hotel Bompard zu finden in Marseille…
Eigentlich ging das ja nicht schlecht, bis auf dass wir als Endpunkt dann plötzlich bei der Notre Dame de la Garde gestanden sind…
Entgegen der handelsüblichen Meinung über Männer, bin ich dann sogar nach dem Weg fragen geangen… :open_mouth: (meine Frau kann das bestätigen :stuck_out_tongue: )

Ich steh auch mehr auf Karten oder so wie ich in jedem Jahr den Weg zum Ferienort finde, mit einprägen, das hat bis jetzt eigentlich immer geklappt…

Salut et à bientôt

Côty :laughing: