Seit ein paar Tagen rebelliert die tunesische Bevölkerung. Hauptgrund ist die hohe Arbeitslosigkeit (14%) vor allem unter denen, die ein Studium abgeschlossen haben : 20%, sogar 60% in bestimmten Branchen.
Der Aufstand breitet sich im ganzen Land aus und erreichte gestern die Hauptstadt.
Der autoritäre Präsident versprach neue Arbeiten und lässt die Aufstände blutig niederschlagen.
Frankreich hat bisher nur sehr bescheiden reagiert…
Ja, ich beobachte das auch schon ein paar Tage mit Erschrecken.
Ich denke wenn sich da nichts tut, dann wird es auch zu hohen Umsatzeinbußen im Tourismus führen und das bedeutet noch mehr Arbeitslose usw.
Hab drüber mit einer tunesischen Freundin gesprochen und sie könnte sich jedes Mal drüber aufregen. Ihrer Meinung nach gibt es noch ein Problem in ihrem Land: Es gehört nur ein paar Menschen, die sich leider auch für das Land null investieren. Eine Art « Ancien-Régime » in Nordafrika (gilt übrigens auch für Algerien, wo die Lage noch schlimmer ist).
Man kann nur hoffen, dass alles sich friedlich ändert, aber es sieht wohl ganz anders aus…
Gerade gefunden:
In der französischen Hafenstadt Marseille demonstrierten am Mittwochabend mehrere hundert Menschen und skandierten gegen Ben Ali gerichtete Parolen. Die Metropole hat traditionell einen hohen Anteil an Nordafrikanern. Die Demonstranten kritisierten die französische Regierung, weil sie die tunesische Regierung für ihr gewaltsames Vorgehen nicht kritisiert. «Wir verurteilen die Gewalt», hatte Regierungssprecher François Baroin in Paris unbestimmt erklärt. «Weiter können wir nicht gehen, das wäre eine Einmischung in innere Angelegenheiten», fügte er hinzu.
jepp, sehe gerade die Nachrichten, da ist ganz schön was los…und die armen Urlauber die nun dort festsitzen und dazwischengeraten… spiegel.de/politik/ausland/0 … 42,00.html
Ben Ali soll sich nach Paris oder Malta abgesetzt haben. In Frankreich ist er offiziell unerwünscht, aber das will nicht viel heißen. Vielleicht war es ein Strohmann, der vor ein paar Tagen das ehemalige Bokassa-Chateau ersteigert hat. Da Ben Ali ein bisschen mehr als 3 Millionen Euro besitzt, dürfte die Renovierung kein Thema sein.
ich habe hier heute abend auch mehrfach Tagesthemen und Nachtmagazin im Ersten verfolgt. Stand der Dinge ist: es gibt Sondermaschinen für Touristen, einige wurden auch schon ausgeflogen. Grundsätzlich sind Touristen aber NICHT bedroht! Mittlerweile ist der Luftraum bis Montag gesperrt, Reiseveranstalter haben alle Flüge gestrichen. Das Auswärtige Amt rät von Reisen ab, sofern sie nicht nötig sind.
Vor allem hat Paris reagiert und KEINE Landeerlaubnis für Ben Ali erteilt! Allerdings gingen zwei Flüge von Tunesien nach Paris: im ersten sassen eine Tochter und eine Enkelin von Ben Ali, die durften landen. Im zweiten Flieger sass er, er durfte nicht. Mittlerweile ist er in Jiddah gelandet und will sich dort um Asyl bemühen.
Und ich bin froh, dass meine Ma und mein Bruder schon im Sommer dort waren und anscheinend Glück hatten.
Wisst ihr, dass es auch Menschen gibt, die da auf Dauer leben… arme reiche Touristen, dessen Urlaub gestört wird. Und das nur für einen Job und ein bisschen Freiheit… unverschämt !
Wer jetzt die Macht bekommen wird… Hoffentlich nichts schlimmeres als Ben Ali.
Schon krass, dass in Deutschland viel über diese Urlauber berichtet wird… vor 5 Minuten in der Tagesschau wurde genauso lang von irgendeinen Urlaubern berichtet, die nach Deutschland wurückgebracht wurden, wie wovon in der politischen Sicht gerade passiert… sehr fraglich.
Hab die Tagesschau von TV5 geguckt, war auf einmal viel interessanter, da sie detaillenreich drüber gesprochen haben, inklusiv Debatte. Naja, was für uns relevant ist, ist es für andere nicht… sagen’s mal so.
Wie Super5 schon sagte, find ich das auch gut, dass Ben Ali in Frankreich nicht landen durfte. Schon überraschend: Von französischen Präsidenten (damit mein ich nicht nur Sarkozy) wurde er nicht besonders gehasst…
Gestern auf Canal + meinte irgendwer, Ben Ali sei besser als Islamisten, die die Macht ergreifen würden. Eine Dikatur ist besser als eine andere?! Noch einmal fraglich…
Das ist leider die Bestätigung einer bedauerlichen Tendenz, die Medienwissenschaftler seit einigen Jahren sehen. Obwohl die Globalisierung unaufhaltsam voranschreitet und Deutschland sich rühmt viel von der Welt zu wissen, zieht sich die Berichterstattung immer mehr ins Inland zurück. Jeder innenpolitische Mist bekommt mehr Sendezeit als Themen von internationalem Belang, das ist mal wieder Deutschtümelei at its best (wie das neudeutsch heißt ). Das hat im Sport seinen Anfang genommen (deutsche Erfolge = toll und berichtenswert) und setzt sich jetzt auch in den normalen und seriösen Nachrichten fest. Deshalb wird auch vor allem über die deutschen Touristen berichtet, offenbar denken die Medienmacher, man bräuchte immer einen Bezug zum eigenen Land.
Mir fällt das jetzt durch die Tunesiensache auch immer mehr auf. Ich wusste nichts, wirklich nichts von Tunesien, und das obwohl ich durchaus politisch interessiert und erdkundlich bewandert bin. Dass die Zustände dort seit Jahren schlecht sind etc., und auch die Berichte von den Aufständen waren vor ein paar Tagen erst nur kleine Nachrichten.
Die deutschen Medien werden immer britischer. Habt ihr auf der Insel mal Nachrichten gesehen? Das kann man kaum erklären, wie das da ist. Ich war schockiert, als ich dann abends über Mittelwelle belgische Nachrichten hörte. Was alles passiert war und was die Briten nicht für berichtenswert erachteten! Das wird hier auch immer mehr so.
Ich denke, dass hat andere Gründe. Wäre dieselbe Sache in Ägypten oder im Nahen Osten passiert, wären die Nachrichten voll mit politischen Hintergrundberichten gewesen. Tunesien und Marokko sind im Bewusstsein sogar der „politischen“ Medien „Urlaubsorte“. Selbst die große Mehrheit der deutschen Touristen, die den Maghreb (ein im großen und ganzen in Deutschland völlig unbekanntes Wort) besuchen, setzt sich kaum mit der dortigen politischen und sozialen Realität auseinander. Und was irgendwie nicht existent ist, davon hört man auch nichts, oder eben nur in dem kritisierten Zusammenhang.
Ich bereite gerade ein Referat über das Thema „néocolonialisme“ und habe eine Zitat gefunden, die die französische Beziehungen zu den ehemaligen Kolonien besonders gut beschreibt : „soutien sans réserve de la France aux chefs africains tant qu’ils garantissent les intérêts de Paris sur le continent“ (JP Ngoupandé, L’Afrique sans la France).
So lange Ben Ali die Macht hatte, war er von Frankreich unterstützt. Als er sie verlor, konnte er Frankreich nicht mehr nützlich sein, und es war also gar nicht mehr in Frankreichs Interesse, Ben Ali weiter in irgendeiner Form zu unterstützen. Selbst nach 23 Jahren sehr gute Beziehungen…
dazu kommt ja auch noch, dass in Frankreich die grösste tunesische Exilgemeinde überhaupt lebt. Wenn Sarkozy eingelenkt und einer Landung Ben Alis zugestimmt hätte, dann hätte Frankreich gebrannt. Das Risiko war ihm wohl zu gross.
Zum Thema Berichterstattung: ich habe auch intensiv die Berichterstattung verfolgt. Zumindest in der Tagesschau und im Nachtmagazin waren die Recherchen und Berichte zumindest so fundiert recherchiert, wie es die Bedingungen zuliessen. Allerdings standen auch die Touris im Vordergrund. Die etwas anders focussierte und ausführlichere Berichterstattung im frz. Fernsehen kann ich mir nur so erklären, dass Frankreich die grösste tunesische Gemeinde weltweit hat. Ich denke, man wollte dieser besonders betroffenen Zielgruppe besonders entgegenkommen und soviel Input wie möglich bieten.
Brandaktuell in den Radionachrichten: Sarkozy will alle Konten Ben Alis sperren lassen, um den in Frankreich lebenden Tunesiern « guten Willen » zu zeigen. Desweiteren hat Baroin verlauten lassen, dass Ben Alis Familie in Frankreich unerwünscht ist. Zudem ist Sarkozy weiterhin ein gutes Verhältnis zu Tunesien wichtig.
Ohne jetzt polemisch werden zu wollen, aber mein Mitleid für die dt. Touristen hält sich in Grenzen. Klar ist es für sie dumm gelaufen, aber für mich ist das Schicksal der Tunesier und der weitere Fortgang der Sache wichtiger. Mit ein bisschen gesundem Menschenverstand hätte man wissen müssen, dass der Maghreb stellenweise ein Pulverfass ist.
Dass die französischen Medien besser über Tunesien berichten als die deutschen, weil viele Tunesier in Frankreich leben, mag auch wahr sein. Aber das ist nicht der einzige Grund. Wieviel % der Bevölkerung ist tunesischer Herkunft ? Nicht genug, damit die TV extra für sie die Hälfte des 20h der Situation in Tunesien widmen. Es steckt ein bisschen mehr dahinter, und ich bin mit Avonlea einverstanden. Dieselbe Tendenz ist auch in Österreich festzustellen, nur noch schlimmer…
Ben Ali ist weg, das ist das wichtigste . Ich wünsche den Tunesiern nur, daß keine « neue » Militärjunta die Macht ergreift.Das System, das der Diktator vor 23 Jahren aufgestellt hat, ist ja leider noch nicht verschwunden.Normalerweise, sollten demokratische Wahlen in 60 Tagen stattfinden.
« In cauda venenum! »
[b]Deux hélicoptères tunisiens aperçus dans la région
Des dignitaires Tunisiens proches de l’ancien président Ben Ali se sont-ils réfugiés dans la Drôme ? [/b]
Das war die Überschrift eines Berichtes in der heutigen « Dauphiné libéré ». Aber es stellte sich offenbar heraus, daß die zwei nach Tunesien verkauften Hubschrauber vom Typ Gazelle nur zur Wartung bei Aerotec in unserem Nachbarort waren.