Deutschland und Frankreich stehen allen anderen Ländern der Welt in puncto Klatsch und Tratsch in nichts nach. Wer hat wo was wann getan? Das interessiert irgendwie alle, obwohl der Nutzen dieser Informationen überschaubar ist. Aber in einem Punkt unterscheiden sich die Deutschen und die Franzosen wohl sehr: Hierzulande juckt es niemanden, wo ihre Politiker Urlaub machen. Ok, Angela Merkel mal ausgenommen, denn es sorgt schon für ein kleines Schmunzeln, wenn man sie sich Ski fahrend vorstellt oder beim Wandern auf Ischia. Aber wen interessiert es, ob irgendein Minister im Strandkorb an der Ostsee sitzt oder mit der Aida durch die Karibik schippert? Niemanden, es sei denn, der Betroffene setzt sich damit dem Verdacht der Vorteilsannahme aus, wenn er sein Ferienlager beispielsweise in der Finca eines befreundeten Unternehmers auf Mallorca aufschlägt. Aber das kommt ja auch eher selten vor.
Ganz anders in Frankreich. Das Land ist perfekt strukturiert und aufgeteilt unter den Mächtigen aus Paris und da die Franzosen liebend gerne Urlaub im eigenen Land machen und sich die schönsten Wochen des Jahres im Sommer konzentrieren, ist es schon ganz nützlich zu wissen, wer da auf dem Gucci-Strandtuch neben einem campiert oder warum der Rennradler vor einem in einem Pulk schwarz gekleideter Gorillas fährt. Es könnte ja ein Sarkozy sein, oder ein Fillon oder eben ein Macron. Nouvelle sortie à vélo et bain de foule pour Nicolas Sarkozy au Cap Nègre
Vacances de gauche, vacances de droite
Wertet man aus, wo Politiker ein bescheidenes Ferienhaus besitzen oder in der Vergangenheit ihre Sommerferien verbracht haben, so zeichnet sich ab: Rechts sonnt sich gerne an der Côte d’Azur oder spielt Golf an der Küste der Normandie, Links bevorzugt die wogenden Lavendelfelder der Provence und sorgt dafür, dass Immobilien in ehemals urigen Dörfern wie Gordes für Einheimische unbezahlbar werden, und hat außerdem die Île de Ré in Beschlag genommen. Sud Ouest: Dans l’île de Ré, le VIP heureux vit caché.
Die Zeitung L’Express hat im Jahr 2006 eine umfassende Sommerlochstudie vorgelegt, die exakt analysiert, welches politische Lager wo seinen Campingkocher in den französischen Boden rammt. Zehn Jahre alt, dürften diese Beobachten dennoch nichts an ihrer Aktualität eingebüßt haben. Vacances de droite, vacances de gauche. Und längst betrifft die Wahl des Urlaubsortes nicht nur die Politiker selber, sondern auch die Wähler. Mit dem Aussuchen seines Urlaubsortes gibt der Urlauber nämlich auch ein politisches Statement ab. An die schillernde und protzige Côte d’Azur fährt man natürlich nicht als Links-Wähler und Rechts-Wählern könnte es beim Wandern im Drôme schon einmal langweilig werden, denn der Internetempfang und damit die Verbindung zu seinem Aktiendepot schwankt da manchmal.
Und Macron so?
Der französische Präsident hat übrigens zwei offizielle Residenzen für seine Ferien. Auf einer kleinen Insel vor Bormes-les-Mimosas im Var liegt das Fort Brégançon, das jedoch längst nicht von allen Präsidenten geliebt wurde und wird. Hollande hatte es zuletzt gar der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und soll sich über zugige Räume beklagt haben. Und das kleine Jagdschloss La Lanterne in Versailles ist in der heutigen Zeit auch kein Traumurlaubsziel für müde Staatslenker mehr. Zuletzt hatte Emmanuel Macron einige Tage im Baskenland Erholung gesucht (siehe: Artikel von L’express: Demnach kann man die Spekulationen, welchem politischen Lager der Jungspund von Präsident denn angehört, beenden. Baskenland = gauche ). Aber in welchen französischen Strandsand er seine Füße diesen Sommer graben wird, darüber rätselt ganz Frankreich. Man hat ja sonst nichts zu tun bei unseren Nachbarn. Welt: Frankreich rätselt über Macrons Urlaubsort
Wer jetzt ob der ganzen Politisierung unsicher geworden ist, welcher politischer Überzeugung er überhaupt ist und wo er folglich noch hinfahren darf, sollte dem NouvelObs danken. Die französische Wochenzeitung (die sich selber ja eher links verortet), bietet seit letztem Sommer(loch) einen Test an, um das herauszufinden. Test - Êtes-vous encore de gauche ou déjà de droite?. Dann kann ja nichts mehr schiefgehen!
Übrigens: Angela Merkel war kürzlich zum Wandern in den Dolomiten.