In diesem 3. Band seiner „Pelletier“-Trilogie schildert Pierre Lemaître auf sehr humorvolle Weise das in den späten 50-er Jahren oft von überraschenden Problemen belastete Leben der zu einem gewissen Wohlstand gekommenen Familie Pelletier, wobei ein wesentlicher Schwerpunkt auf der Verwicklung des Boulevard-Journalisten François Pelletier und seines vor allem gegenüber seiner dominant-aggressiven Frau Geneviève wenig durchsetzungsfähigen Bruders Jean in merkwürdige Geheimdienstaktivitäten in Frankreich und in der Tschechoslowakei liegt. In diesem Rahmen werden viele in psychologischer, poli-tischer und sozialer Hinsicht interessante Aspekte angesprochen, z.B. Jähzorn und Gewalt, Erpressung und Sexualdelikte, Umweltprobleme (nukleare Katastrophen und Arternsterben), fragwürdige Medien-praxis auch am Beispiel der Radioreporterin Hélène Pelletier, Probleme in Partnerschaft und Familie und damit verbundene verhängnisvolle erzieherische Fehlentscheidungen, Krankheit und Tod, aber auch das gefährliche Leben in einer noch stalinistisch geprägten Tschechoslowakei, deren Behörden unerbittlich gegen den vermeintlichen Spion François Pelletier vorgehen. Letzten Endes ist dieser Roman trotz sei-nes „schwarzen“ Humors aber auch eine sehr eindrucksvolle Kritik an Geheimdienstaktivitäten in Ost und West zur Zeit des Kalten Kriegs, die durch Skrupellosigkeit und zynische Vertuschungspraktiken geprägt sind. Die Charakterisierung der Hauptpersonen erfolgt oft differenziert oder prägnant und regt auch dadurch zum Nachdenken an. Auch stilistisch ist dieser Roman durchaus anspruchsvoll angesichts seiner bild-haften Sprache und vieler prägnanter Formulierungen und Anspielungen. Trotz einiger Weitschweifigkei-ten ist dieser Roman eine sehr gelungene Mischung aus der Darstellung ernster Probleme und vieler humorvoller bzw. zynischer Kommentare des Autors oder der Hauptpersonen, die allerdings einen diesbezüglich aufnahmebereiten geduldigen und humorvollen Leser voraussetzt.