Successions,l'argent, le sang et les larmes R. Bacqué/V. Schneider

In diesem 2022 erschienenen Sachbuch der beiden Journalistinnen R. Baqué und V. Schneider wird versucht, eine Analyse der Geschichte der reichsten französischen Unternehmerfamilien vorzunehmen, wobei sowohl psychologische als auch wirtschaft-liche Aspekte angesprochen werden. Das Buch bezieht sich auf zahlreiche Belege aus Interviews bzw. persönlichen Gesprächen und vor allem aus den Medien, bietet aber auch viele persönliche Bewertungen durch die beiden Autorinnen. Die Familien Arnault, Bolloré, Lagardère, Hermès, Seydoux, Bettencourt, Mulliez, Gallimard, Peugeot, Bouygues, Pinault und Decaux werden in ihren wesentlichen Strukturen als typische Beispiele für die Rolle von Unternehmerfamilien in Frankreich dargestellt. Die beiden Autorinnen bemühen sich, traumatische Erlebnisse, prägende Erziehungsstile, Rivalitä-ten und persönliche Verletzungen und damit verbundene Streitigkeiten vor allem bzgl. der Führung des Unternehmens und der Weitergabe des Unternehmererbes in wesent-lichen Zügen zu erfassen und zu beurteilen. Eher seltene demokratische Familien-strukturen und häufigere patriarchalische Strukturen prägen das Schicksal ganzer Familien. Die Analyse eines streng leistungsorientierten und vom Unternehmer gezielt gesteuerten Wettbewerbs potentieller Haupterben bzw. zukünftiger Führungskräfte, der offenbar in etlichen Unternehmerfamilien praktiziert wird, entbehrt nicht einer gewissen Faszination, aber auch einer Tragik trotz der privilegierten Existenz der Mitglieder der Familien. Aus Sicht der Autorinnen ist dieser organisierte Wettbewerb auch der Versuch einer Flucht der Unternehmer aus dem oft erkennbaren Schema der historischen Ent-wicklung von Unternehmerfamilien in 3 Generationen: Gründung, Verwaltung und Zerfall. Ein Schwerpunkt der Analyse liegt auf fatalen familiären und unternehmerischen Fehl-entscheidungen. Interessant ist auch die Schilderung von „Aussteigern”, die freiwillig oder gezwungenermaßen ein Leben am Rande des Familienkerns führen. Aus wissenschaftlicher Sicht könnte man kritisieren, dass dieses Buch weitgehend auf persönlichen Gesprächen und Darstellungen in Medien basiert und damit andere potenti-ell wesentliche Quellen ausschließt bzw. ausschließen muss, weil sie momentan offen-bar nicht verfügbar sind. Von daher ist anzunehmen, dass eine spätere kritische histori-sche Forschung manche Dinge noch differenzierter erfassen kann bzw. neu bewerten muss. Dennoch ist dieses Sachbuch in psychologischer und wirtschaftlicher Hinsicht ein sehr lesenswertes Buch, das auch deutlich macht, dass Reichtum nicht unbedingt glücklich macht und dass die unternehmerische Orientierung am Sinn eines erfüllten Lebens vorbeigehen kann. Hinzu kommt noch, dass das von den Autorinnen betonte Problem der Regelung einer Erbschaft auch für nicht vermögende Familien ein nicht uninteres-santes Thema ist.