Dieser 2021 erschienene Kriminalroman des Erfolgsautors Michel Bussi ist ein sehr interessanter Roman, der mit immer wieder überraschenden Wendepunkten eine enorme Spannung erzeugt, die bis zu den Schlusskapiteln anhält. Der oft in die Irre geführte Leser wird dennoch nicht ent-täuscht und immer wieder dazu angeregt, über die angesprochenen Themen nachzudenken und eigene Lösungsvorschläge bezüglich der rätselhaften Geschichte der alleinerziehenden Ärztin Maddi zu entwickeln. Themen wie Familienstrukturen, Emanzipation der Frauen, freie Lebensgemeinschaften (unions libres) zwischen Männern und Frauen, die Situation alleinerziehender Mütter und besonders die Entwicklung der Beziehungen zwischen Müt-tern und ihren Kindern, aber auch die Welt der Psychiater und die psychologische Entwicklung von Kindern sowie die religiöse Frage der Reinkar-nation überlagern bzw. prägen den behandelten Kriminalfall, in dessen Zentrum die Ärztin Maddi steht, die den Verlust ihres 10-jährigen Adop-tivsohns Esteban nicht verkraftet und 10 Jahre nach dieser Katastrophe fälschlicherweise glaubt, in dem 9-jährigen Tom ihren Sohn Esteban in einer Form der Reinkarnation wieder gefunden zu haben. Maddi tut alles, um sich dem nur schlecht betreuten Sohn des Skilehrers Jonas und seiner von ihm oft alleingelassenen Partnerin, der sozialen Außenseiterin und Bäuerin Amandine, zu nähern und gerät dabei in den Verdacht, Tom zu entführen bzw. ihm zu schaden. Der schrullige Gemeindeangestellte Nectaire, der sich als Hobbydetektiv betätigt, und die Sozialarbeiterin Savine, deren Drogenvergangenheit lange Zeit an ihrem neuen Wohnort in der Auvergne unbekannt ist, versuchen, nur z. T. mit Hilfe der örtlichen Polizei, 2 Mordfälle zu klären, die in der rätselhaften Existenz der Ärztin Maddi eine mögliche Erklärung finden könnten. Tom und Gabriel, der uneheliche Sohn Maddis, die lange Zeit dem Wahnsinn nahe scheint, geraten schließlich in eine lebensgefährliche Situation, die aber zur Aufklärung des Falls führt, wobei Wayan, der Psychiater Maddi,s eine besondere Rolle spielt. Alles findet am Ende eine natürliche Erklärung. Dass Gabriel und Tom gute Freunde werden, die gemeinsame Hobbys pflegen, ist ein beruhigender Schlusspunkt dieses Kriminalromans. Insgesamt gesehen ist dieser Roman ein sehr lesenswerter Kriminalroman, der auch Lebensbedingungen und Mentalität der Auvergne anschaulich erfasst, auch wenn der Aspekt der Reinkarnation vielleicht etwas überbewertet wird.