Pierre Magnan

Ja, die Ausdrucksweise ist anspruchsvoll. Ich bin froh, dass ich die Geschichte auf Deutsch lesen kann. Im Original wäre ich sicher erst auf Seite 10.

Das alte Fahrrad ist mir bisher erst einmal untergekommen, aber ich denke es gehört dem Unbekannten, der unseren armen Séraphin belauert.
Für mich ist das im Moment der Typ, der damals in der Mordnacht das Haus vor den drei Hauptverdächtigen betreten und wieder verlassen hatte. Ist es vielleicht der leibliche Vater von Séraphin? Das würde erklären, warum das Kind verschont wurde.
Vielleicht ist der Unbekannte später noch einmal zurückgekommen und hat die Morde begangen, nachdem die drei Hauptverdächtigen ihren Plan, Vater Monge einzuschüchtern. recht und schlecht ausgeführt hatten. Aber ich glaube nicht, dass der alte Monge Angst vor seinen Schuldnern hatte. Der erwartete bereits seit einigen Tagen den « Besuch » von jemand anderem.

Hast Du dich eigentlich mal gefragt, wo der herausgeputzte Fuhrknecht geblieben ist, der ebenfalls an dem Mordabend in La Burlière ankam und in den Stallungen unter der Stube untergebracht worden war? Der müßte doch bestimmt etwas von den Vorgängen bemekt haben. Warum ist er so sang- und klanglos verschwunden?

Und ist Dir auch aufgefallen, dass die Leiche der Mutter als einzige geschlossene Augen hatte, als sei sie im Schlaf ermordet worden? Vielleicht wurde sie erst später an die Wiege gelegt, um den wahren Hergang der Tat zu verschleiern.

Fragen über Fragen, die nach Aufklärung schreien! Ich freue mich schon auf die nächsten Seiten! :wink:

Gefällt mir sehr gut als Arbeitshypothese! Man erkennt die geübte Kriminologin! :mrgreen:

Nö, daran hab ich bisher keinen einzigen Gedanken verschwendet. Aber werds im Hinterkopf behalten! Heute abend gehts weiter :wink:

Ich bin gestern leider nur ein bisschen weitergekommen in dieser gruseligen Geschichte und jetzt verstehe ich Deine Bemerkung!

Der große Unbekannte hat seine Beobachterrolle aufgegeben. M. Dupin ist mit Hilfe schwarzer Schmierseife ins Jenseits befördert worden und die verbleibenden Hauptverdächtigen bangen um ihr Leben.

Mit dem Fortgang der Geschichte habe ich eine neue These entwickelt: Der große Unbekannte übernimmt nicht etwa die Rache für Séraphin, wegen der Liquidierung der Familie Monge; er verfolgt vielmehr seine eigenen Pläne. Und die begannen bereits mit der Ermordung von Vater Monge, der vielleicht mit den drei Hauptverdächtigen in einer anderen lange zurückliegenden Sache unter einer Decke gesteckt hatte.

Mir ist eine weitere Merkwürdigkeit aufgefallen. Als Dupin ermordet wird ist Séraphin 24 Jahre alt. Der Bäcker fürchtet sich aber vor den Folgen einer Angelegenheit, die 25 Jahre zurückliegt. Absichtliche Spur des Autors oder falsche Übersetzung?

Und was mir auch immer wieder durch den Kopf geht, ist die Frage, warum Vater Monge in der Mordnacht seine rußigen Hände auf die Wand hinter dem Salzfass drückte. Hinter der Wand befand sich das Geheimfach, wenn ich die Beschreibung richtig verstanden habe. Wollte er die Stelle markieren?

Hast Du das Ende schon erreicht oder rätselst Du noch?

Nein, ich stecke ebenfalls fest. :imp:

Man sollte einfach alles liegenlassen können, um erst die wirklich wichtigen Fragen im Leben zu klären (wie eben den Ausgang dieser unheimlichen Geschichte)! :smiley:

Was Deine neue These betrifft, das wäre eine Möglichkeit, umso mehr, als ich weiterhin nicht an die Schuld der Hauptverdächtigen an dem Gemetzel im Haus glaube. Andererseits lässt der weitere Verlauf der Erzählung (Irreführung?) doch vermuten, dass der Unbekannte Séraphin tatsächlich vorauseilt und (auch?) nach Séraphins eigenen « Bedürfnissen » handelt bzw. mordet. :unamused: Was dem armen Jungen jede Chance auf « seine » Rache nimmt, das ist nun wirklich nicht nett… :laughing:

Ja, die Spuren an der Wand beschäftigen mich auch. Unwahrscheinlich, dass er mitten im Gemetzel noch dorthin greift, um das Geld oder die Schuldscheine zu retten… das mit dem Zeichen scheint also plausibel. Doch an wen?

Wenn Du feststeckst, habe ich vielleicht eine Chance, Dich einzuholen. :smiley:

Das alte Fahrrad konnte ich mittlerweile auch mehrmals klappern hören.
Und dann kam die Szene im Park mit den fürchterlichen Dobermännern. Diesen Mord kannn ich nun wirklich nicht einordnen. Die Tochter Dupin gehört doch eigentlich nicht ins « Beuteschema » des großen Unbekannten.
Und warum hat er der Bäckerstochter den Ring weggenommen?

Heute Abend werde ich erleben, wie M. Sépulcre die Mechanik seines Mühlwerks ausbessert, um dann vermutlich…:astonished: .! Schluck!

Ich wünsche Dir einen vergnüglichen Leseabend!

Morgen wissen wir mehr!

Na, gut geschlafen? :mrgreen:

Danke der Nachfrage! Und Du?

Ich hatte ja schon etwas Derartiges erwartet , und war mental gewappnet. Aber als Séraphin dann voller Furcht vor dem Geist seiner Mutter in den Brunnen stieg, um dort das Päckchen zu suchen und stattdessen auf das verkalkte Skelett mit der Patronentasche stiess ,…
…habe ich das Buch erst mal zugeschlagen.

Abgesehen von den schönen Schauern, die dem Leser über den Rücken laufen (wie sagt man das eigentlich auf Französisch?), ist die Beschreibung der Lebensumstände der Leute das Beste an der Geschichte. Ich habe gestern z.B. wieder was über die Olivenernte und –verarbeitung dazugelernt. Das war wohl früher eine sehr mühselige Arbeit. Vor ein paar Jahren hatte ich eine Ölmühle in Ligurien besichtigt. Die riesigen Mühlsteine sind mir noch gut in Erinnerung! Und ich würde mich nicht wundern, wenn ich in Zukunft einen leichten Eisengeschmack im Olivenöl wahrnehme.
Noch 40 Seiten!

Am Grund des Brunnens war ich gestern zur Geisterstunde :open_mouth: auch. Danach hab ich allen Mut zusammengenommen und in einem Zug fertiggelesen…

Entsprechend zerknittert blicke ich heute aus der Wäsche :laughing:

Einverstanden! Ich habs keineswegs bereut, das Buch gelesen zu haben - zumal in so anregender Gesellschaft :wink:

Ich würds auch weiterempfehlen, gerade wegen dieser Beschreibung von Leben und Landschaft in der Gegend. Ich kenne bis jetzt nur den vorderen Lubéron und die Lektüre hat mir Lust gemacht, auch mal dort nach „hinten“ an die Durance zu gehen, um die Bilder in meinem Kopf mit der Realität zu vergleichen.

Vielleicht find ich ja die Spuren der alten Mühle oder des abgetragenen Hauses, wo der Horror stattgefunden hat :mrgreen:

Zwei Dinge haben mich enttäuscht:

  • die Tatsache, dass Magnan gegen Schluss noch eine neue Nebenfigur „von ausserhalb“ einführen muss, um die Auflösung voranzutreiben, es hätte mir viel besser gefallen, wenn er den Fortgang aus den vielen bereits ausgelegten Elementen heraus geschafft hätte.
  • die melodramatische Auflösung… die schlecht zur allgemeinen Stimmung des Buches passt.

Vorbei der Spuk (so viel Mysteriöses hätte ich bei einem französischen Autor gar nicht erwartet), die Realität hat auch mich wieder! :wink:

Über 276 Seiten ein schöner Schmöker, die Auflösung ist allerdings auch für meinen Geschmack ein bisschen enttäuschend und rührselig. Die beiden letzten Kapitel fallen ab.

Dass maßgebliche Hinweise von dem geflüchteten Handwerksburschen (Hinweis gleich auf er ersten Seite) kamen, fand ich nicht falsch. Ich hatte mich schon die ganze Zeit gefragt, warum diese Figur nicht schon längst in Erscheinung getreten war.

Aber viele andere Fragen bleiben unbeantwortet und das ist unbefriedigend.
Es ist z.B. nicht geklärt, wer den Großvater und die beiden Kinder umgebracht und die Leichen der Jungen in den Schrank gestapelt hat. Wenn Monge aus Eifersucht seine Frau und das Neugeborene töten wollte, warum sollte er dann mit seinem Schwiegervater und den Kindern beginnen und die Leichen anschließend auch noch sorgsam verstecken? Warum ist die Frau nicht einfach geflohen, während ihr Mann damit beschäftigt war. Und wenn sie das erste Opfer war, warum sind dann die anderen nicht weggelaufen? Und wer hat dem Unbekannten die Türe geöffnet? Monge, mit dem Baby in der einen und dem Messer in der anderen Hand?

Die ausführlich beschriebenen Händeabdrücke an der Wand bleiben auch unerklärt, ebenso wie der eigentlich für die Geschichte überflüssige Mord, der zwei Generationen zuvor verübt wurde. Und schließlich im Haus des Unbekannten die seltsame Puppe aus Lehm mit den Nadeln in der Brust und dem gestohlenen Ring auf dem Kopf. Ich habe nicht verstanden, wozu dieses bizarre Detail dienen sollte! An die Logik sollte man also besser keine zu hohen Erwartungen stellen.

Vom Stil bin ich nach wie vor begeistert. Magnan hat nicht nur eine gute Beobachtungsgabe, egal ob es sich um Naturereignisse, die menschliche Psyche oder Stimmungen handelt, er kann das auch alles so eindrucksvoll, spannend und treffend beschreiben, dass einen die Geschichte richtig gefangen hält. Wenn man das Buch schließlich zuklappt, hat man sich nicht nur einige Stunden bestens unterhalten, sondern auch einiges über Land und Leute, Gebräuche und Moralvorstellungen am Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts gelernt.

Meine Gesamtwertung: Ein (fast) uneingeschränktes Lesevergnügen mit Mehrwert für die Allgemeinbildung! Das wird bestimmt nicht mein letztes Buch von diesemAutor gewesen sein.

Herzlichen Dank für den guten Buchtipp, Nebenstelle! Es hat großen Spaß gemacht, mit Dir zu schmökern und finstere Mutmaßungen auszutauschen.
Wenn Du wieder mal ein Buch, am besten einen roman policier, „öffentlich“ lesen möchtest – ich bin sofort dabei! :smiley:

Aber gern :smiley:

Ja, wenn schon ein Skelett, dann hätte ich eigentlich ein Geflecht erwartet, die sich über diese alten Gebeine „wölbt“ und uns in einer kriminellen Vorvergangenheit die Schlüssel zum Verständnis des Dramas gibt.

Die Puppe bleibt für mich auch rätelhaft, ich hab mir auch grundsätzlich mehr erhofft von dem verschwundenen Ring.

In der Tat, der hat Dich schon von Anfang an beschäftigt. Ich hab den völlig „weggestellt“. :wink:

Für die Schlüsselrolle, die er schliesslich einnimmt, um die Aufklärung aus der „Sackgasse“ zu führen, hätte mir gleichwohl gewünscht, dass er nicht zweihundert Seiten lang verschwindet, um dann „aus dem Nichts“ ins Tal zurückzukehren, mit der einzigen Aufgabe, die Ermittlungen vom toten Punkt zu holen.

Anyway, ich sehe das gleich wie Du: „La maison assassinée“ wird nicht mein letzter Magnan gewesen sein.

ich habe eure "lesung "gerne und mit intersse verfolgt :merci:
leider habe ich selber selten zeit zum lesen :frowning:
:wink:

Edwin, es freut mich, wenn Dir unsere Schmökerrunde gefallen hat. :smiley:
Es wäre schön, wenn der / die eine oder andere der BF-Besucher aufgrund unserer « Rezension » Lust bekäme, das Buch auch mal zu lesen. Oder haben wir schon zu viel vom Inhalt verraten :confused: ?

Vielleicht finden sich für unseren nächsten cercle Littéraire (wer hat einen guten Tipp?) noch ein paar Lesefreunde. :wink: