Einleitung
Ich habe verschiedene Sachen über Paris gelesen und wir haben das Thema auch ein halbes Jahr lang im Französischunterricht bearbeitet. Dabei gibt es im Groben zunächst zwei Bilder, ein positives und ein negatives.
Als positiv gewertet wird natürlich das Flair der Stadt, wie sie Touristen sehen. La Tour Eiffel, Notre Dame, die kleinen Cafés und die Prachtboulevards. In der Luft hängen Akkordeonklänge und fröhliches Geklampfe. Paris, die Stadt der Liebe.
Doch auch Paris ist eine Großstadt, mit Armut, Kriminalität und Hoffnungslosigkeit. Keine Stadt schenkt irgendjemandem etwas, wohl auch nicht Paris.
Dann stellt sich noch die Frage nach der Identifikation mit und der Identitätssuche in Paris, die auch eine Stadt der Zugezogenen ist, ein weites Spektrum an Einflüssen aufweist, die sich auf die Musik auswirken. Michel Tournier meint:
Pour aimer Paris, pour chanter Montmartre et Pigalle, il faut être américaine comme Joséphine Baker, italien comme Yves Montand ou danois comme Georges Ulmer. Mais quand on est né rue de la Victoire, dans le IXe arrondissement, quand on a appris à marcher dans le square Louis-XVI, sur les cendres des victimes de la Terreur, on ne chante pas, on vomit.
Il est cinq heures, Paris s’éveille…
…von Jacques Dutronc ist das vielleicht bekannteste Lied über die Stadt. Die Texter (Lanzmann/Segalen) zeichnen ein poetisches, aber dennoch in der Betrachtung recht neutrales Bild von Paris, wie es um fünf Uhr morgens ist, am Wendepunkt zwischen Nacht und Tag.
Les camions sont pleins de lait
Les balayeurs sont pleins de balais
(…)
Les travestis vont se raser
Les stripteaseuses sont rhabillées
(…)
Le café est dans les tasses
Les cafés nettoient leurs glaces
Et sur le boulevard Montparnasse
La gare n’est plus qu’une carcasse
Der Frieden des Morgens hält Einzug in die Stadt, noch sind die Bahnhöfe leer, während die Nachtmenschen langsam schlafen gehen.
Eine richtige Wertung erhält das Lied meines Erachtens erst durch die Musik, die beschwingt und recht typisch für Paris klingt, mit all den Instrumenten, die die Touristen mögen. So bekommt das Portrait Paris’, welches gezeichnet wird, einen positiven und schwärmerischen Anstrich.
En schönes, leichtes Lied.
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Hassliebe…
…wird oftmals zwischen Musiker und Paris deutlich. So auch in dem Lied „Paris“ von Camille Dalmais.
Auch grauer Himmel, triste Morgenstunden und dreckige Fußgängerwege charakterisieren die Stadt.
Paris, tu paries, Paris, que je te quitte
que je change de cap, de capitale
Paris wird personifiziert wie ein Geliebter, den die Protagonistin verlässt:
je connais trop ta bouche, bouche de métro
c’est fini Paris, je les connais trop
ici je m’ennuie, même quand vient la nuit
Sie träumt vom Süden, von der „roten Stadt“ Toulouse und vom Nachtleben in Sevilla.
Der ewige Konflikt zwischen der Hauptstadt und der Provinz scheint zunächst zugunsten der Provinz entschieden zu sein, doch es kommt anders:
à Toulouse il a plu, à Séville j’ai trop bu
à Rio j’ai eu le mal du pays
oh pari perdu, je retourne vivre à Paris
Paris als Ort, dem sich keiner entziehen kann, trotz allem scheinbar Negativen.
[size=75]Paroles Paris par Camille - Paroles.net (lyrics)
Sammelbecken für verschiedenste Kulturen
Muss man als Einwanderer seine Heimat nicht nur verlassen, sondern auch noch einen Teil seiner Identität vor den Toren Paris’ abgeben, pour y monter et faire carrière?
Manau befinden sich auf der Suche nach ihren bretonischen Wurzeln in dem Lied „Fest-noz de Paname“. Ein gewisser Stolz auf die Geschichte der Einwanderer sticht heraus, der Eindruck entsteht, dass gerade diese Menschen, die alles riskiert haben für ein besseres Leben fern der Heimat, Paris geformt haben.
Il y a eu des basques, des auvergnats et puis des corses
Des gens de l’est ou l’ouest, du sud, du nord qui ont trouvé la force
De venir, de monter jusqu’à la capitale
Comme beaucoup de bretons venus chercher un idéal
Der Protagonist ist der Sohn einer Zugezogenen aus der Bretagne, der aber in Paris geboren ist.
Arrivée vers l’inconnu un peu perdue, elle est fatiguée
Faut dire que son voyage s’est fait debout en 2ème classe
Elle vient de poser son premier pied en gare de Montparnasse
Lässt sich so ein Bezug herstellen zu dem, was Michel Tournier gesagt hat? Sich entwurzelt und ohne Kultur fühlen? Es scheint eher das Gegenteil zu sein, wobei auch eine gewisse Melancholie deutlich zu werden scheint.
Fest-noz de Paname, de la Tour Eiffel à Notre Dame
Fest-noz pour ces dames sur le trottoir, le cœur en larmes
Les années sont passées comme le métropolitain
Et rien n’a changé à part les murs avec le papier peint
Mais certains vieux ont toujours des difficultés
Difficile de s’intégrer pour les piliers d’communautés
Avoir la terre natale qui coule dans les veines
Paris (=“Paname“) ist eine Unbekannte, die Hoffnung auf ein anderes Leben verspricht. Bereit, ein altes Leben aufzugeben und sich den Regeln der Großstadt zu unterwerfen, machen sich Leute auf richtung Paris. Es gibt Schwierigkeiten, sich zu integrieren, doch der Autor zeigt durchaus positve Seiten des Lebens in der Stadt jenseits der touristischen Attraktionen.
Es gibt die Möglichkeit, seine eigene Kultur aufrecht zu erhalten oder sie zu finden, wenn man zu der zweiten Generation gehört. So ist Paris eine Mischung aus Kulturen.
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Das harte Leben
Neben allen Möglichkeiten und Versprechen, die Paris bietet, gibt es auch die andere Seite des Glücks. In „Né dans les rues de Paris“ erzählt Pierpoljak die Geschichte eines Kriminellen, eines Jugendlichen, der in die harte Ausbildung der Stadt geht.
Wie eine unüberwindbare Mauer erscheinen die Schranken zwischen den Gesellschaftsschichten, zwischen arm und reich, zwischen Vorstadt und den schicken Vierteln.
Né dans les rues de Paris
A l’ombre de vos lumières
Pour moi jamais elles ne s’éclairent
Menschen wie er drohen in der Anonymität der Großstadt zu verschwinden. Obwohl Paris das ultimative Zentrum des Landes ist, Mittelpunkt aller Straßen, Schienennetze und sonstiger Wege, gilt diese Möglichkeit zur Mobilität nicht allen, besonders nicht denen, die kein Geld haben:
En guerre avec la reuteupeu
En guerre avec la seuneuceufeu
Né dans les rues de Paris
Désolé si j’ai grandi
So fallen diese Leute durch ein Raster, sie werden nicht automatisch in ein Wertesystem übernommen, wie man es gewohnt ist. Sich ohne wahre Identität durchzuschlagen ist in der Stadt besonders hart. Man hat nicht automatisch einen Namen, der für etwas steht, man ist unbekannt. Dies ist eine typische Seite der Großstadt, wie auch Paris eine ist. Sie ziehen Menschen an, die dann aber für sich alleine sind.
Désolé si j’ai grandi
A la dure comme on dit
Né dans les rues de Paris
http://lastfm.spiegel.de/music/Pierpoljak/_/Né+dans+les+Rues+de+Paris?autostart
paroles.net/chanson/25789.1