Ontario ist mit 13,5 mio Einwohnern die bevölkerungsreichte Provinz Kanadas. Englisch ist dort mit Abstand die meistgesprochene Sprache und aber die einzige Amtsprache der Provinz. Was aber weniger bekann ist, ist die Tatsache, dass in Ontario ca 500.000 Frankophonen leben. Ontario hat somit nach Québec die grösste französischsprachige Bevölkerung Kanadas. In einigen Gemeinden im Osten, an der Grenze zu Québec, machen die Frankophonen die Mehrheit der Bevölkerung aus. In den letzten Jahren gab es immer wieder Initiativen, um die Frankophonie Ontarios zu fördern. 2016 trat sogar die Provinz der Organisation Internationale de la Francophonie als Beobachter bei.
Leider scheint es schon vorbei zu sein. Die Provinzregierung hat Budgetkürzungen angekündigt und die Frankophonen sind stark betroffen: das « Commissariat aux services en français » (ein Amt, das dafür sorgen soll, dass die Rechte der Frankophonen in Ontario respektiert werden), wird abgeschafft, und das Projekt einer französischsprachigen Uni in Toronto wird auch aufgegeben.
Die Frankophonen Ontarios und Kanadas sowie die Bundesregierung sind enttäuscht und wollen verhandeln. Die Assemblée de la Francophonie en Ontario ist sogar bereit, vor Gericht zu gehen…
Mit dem Wahlsieg von Doug Ford ist das leider keine Überraschung. Und sonst auch so…
In Ontario wird man nur in grenznahen Orten auf Französisch bedient. In Hawksbury zB kann man locker beim Tim Hortons seinen Kaffee auf Französisch bestellen, weil die Franco-Ontariens sich viel um das Überleben ihrer Muttersprache mühen. Leider ist das bei der Regierung von Ontario nicht so angekommen, sei es zum Beispiel das Projekt einer französischsprachigen Universität, was aufgegeben wurde.
Denkt bloß nicht daran, in Toronto in irgendeiner Weise auf Französisch bedient zu werden. Das wird einfach nicht passieren. Kanada ist eben kein zweisprachiges Land - eher ein Land, in dem zwei Sprachen gesprochen werden, meistens zugunsten des Englischen. Während viele Québecois, insbesondere im tatsächlich zweisprachen Montreal, oft ziemlich gut Englisch sprechen, sprechen die Kanadier meistens nur ihre Muttersprache. Während Justin Trudeau perfekt beide Sprachen beherrscht, spricht seinen Hauptkonkurrent bei den Wahlen im Oktober, Andrew Sheer, kaum Französisch und dies mit einem starken Akzent…
Das mit dem Commissariat aux services en français ist ebenfalls ein Zeichen für die Zwiespalten des Landes. Dies führt anscheinend an das « Offre active de service », geschaffen von Justins Vater Pierre-Eliott: Das Gesetz sagt, dass alle Beamten der kanadischen Regierung zumindest in der Lage sein müssen, nach dem Namen und der Telefonnummer in der anderen Sprache zu fragen. Danach wird ein Mitarbeiter geschickt, der die andere Sprache besser beherrscht. Die Idee dahinter besteht natürlich daraus, dass jeder in seiner Sprache bedient werden soll, solange die Sprache eine Landessprache ist.
So eine Entscheidung könnte aber auch heißen, dass künftig alle Mitarbeiter sich mit diesem Prinzip zufrieden stellen werden, sodass nur einsprachige Beamten daraus werden…
So werden die Spannungen verstärkt, die an sich stark genug sind. Das für die Unabhängigkeit stehend Bloc Québecois hat in den Wahlen vor einem Monat erstaunlich viele Stimmen bekommen. Vielleicht dauert’s doch nicht allzu lange, bis wir wieder eine Volksabstimmung erleben…
Eine weitere Massnahme gegen die französische Sprache in Ontario wurde schliesslich, nach Einsatz der Bundesregiereung, zurückgezogen. Die Stadt Toronto hatte vor, 27.000 Bücher und Medien auf französisch aus den Stadtbüchereien zu verkaufen, und somit das französischsprachige Angebot stark zu reduzieren. Grund dafür: -10% Entlehnungen der französischsprachigen Bücher seit 2010. (wobei die Zahl der Gesamtentlehnungen sind seit 2013 um 24% zurückgegangen…).
Die Frankophonen reagierten in den sozialen Netzwerken mit dem Hashtag #jelisenfrancais, mit der Aufforderung, französische Bücher zu entlehnen, um die Stärke der französischsprachigen Leserschaft zu zeigen. Nach einem Gespräch mit der Amtsprachenministerin, entschied sich die Stadt Toronto dafür, die Bücher doch zu behalten.