Allerdings wurde das französische Gesetz vom europäischen Gerichtshof mit Urteil vom 26.02.2015 (Rechtssache C-623/13 de Ruyter) in einer lange erwarteten Entscheidung für unvereinbar mit dem Gemeinschaftsrecht erklärt, soweit die Erhebung der prélèvement sociaux durch Frankreich zu einer kumulativen Erhebung von Sozialabgaben in mehreren Mitgliedstaaten der EU führt und Frankreich nach den Kollisionsvorschriften der Verordnung EU Nr. 1408/71 nicht das Recht zur Erhebung der Sozialabgaben zusteht. Dabei ist festzuhalten, dass nach der Verordnung EU Nr. 1408/71 (zwischenzeitlich ersetzt durch die Verordnung EU Nr. 883/2004) die Erhebung der Sozialabgaben grundsätzlich dem Mitgliedstaat zusteht, in dem der betroffene Bürger entweder seine nichtselbständige oder selbständige Tätigkeit ausübt oder - in Ermangelung einer nichtselbständigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit-, dem Mitgliedstaat, in dem er seinen Wohnsitz hat.
Damit war die Erhebung Sozialabgaben gegenüber Steuerausländern, die in Frankreich weder einer nichtselbständigen, noch selbständigen Tätigkeit nachgehen nach der bis 2015 geltenden Gesetzeslage rechtswidrig. Dies hat letztendlich auch das oberste französische Verwaltungsgericht (Conseil d’Etat) in einer Entscheidung vom 27.07.2015 (Entscheidung n° 334551) festgestellt.
Dies wurde dann endlich im Oktober 2015 auch zum größten Teil ausdrücklich von der französischen Finanzverwaltung anerkannt – anerkannt ist eine Rückerstattung von 13,5% der seit 2013 geleisteten Abgaben von insgesamt 15,5%. Für den Zeitraum vor 2013 geht die französische Finanzverwaltung von einer Verjährung aus. Für den Zeitraum 2013 musste der Antrag auf Rückerstattung noch spätestens bis zum 31.12.2015 (Eingang) gestellt werden, da ansonsten auch hier die Finanzverwaltung von einer Verjährung ausgeht. Die übrigen Anträge für Zeiträume bis 2015 können auch noch in 2016 gestellt werden, soweit die Sozialabgaben auf Wertzuwächse aus Immobilienverkäufen betroffen sind - maßgeblich ist das Datum der Beurkundung. Sofern Sozialabgaben auf Mieteinkünfte betroffen sind (siehe auch die weitere Darstellung unten), kann die Rückerstattung fristgerecht bis um 31. Dezember des zweiten Jahres folgen, das auf das Jahr der allgemeinen Steuererhebung mise en recouvrement) folgt. Im Jahr 2016 kann daher noch die Rückerstattung der im Jahr 2014 und 2015 zu erklärenden Abgaben für die in den Jahren 2013 und 2014 erzielten Einkünfte gefordert werden. Die näheren Details können den Presserklärungen des französischen Finanzministeriums vom 20.10.2015 entnommen werden.
****** NEU 01.01.2016 ***** Bercy schlägt zurück – Wiedereinführung der „prélèvement sociaux“ für Steuerausländer ab 2016!
Beachtlich ist, dass der französische Gesetzgeber die Pflicht zur Zahlung der „prelèvement sociaux“ auch für EU-Steuerausländer mit Gesetz vom 21.12.2015 (LOI n° 2015-1702, Art. 24) nunmehr wieder eingeführt hat. Die Abgabepflicht besteht für alle Immobilienverkäufe, die ab dem 01.01.2016 beurkundet werden, sowie für alle Einkünfte aus Vermietungen ab dem 01.01.2015, die ab 2016 erklärt werden. Für Zeiten davor, bleibt es bei der Rückerstattung, soweit noch nicht verjährt.
Der französische Gesetzgeber hat lediglich die Widmung der Abgabe geändert: Die Abgaben sollen nunmehr den staatlichen Trägern zufließen, die Leistungen ohne Beitragsnachweise (organismes versant des prestations sociales non contributives) erbringen. Der französische Gesetzgeber geht davon aus, dass die Erhebung aufgrund der Widmungsänderung der Abgabe nunmehr auch ohne weiteres mit dem Unionsrecht vereinbar sei.
Es darf wohl davon ausgegangen werden, dass die Frage der Vereinbarkeit des neuen Gesetzes mit dem Unionsrecht dem europäischen Gerichtshof demnächst wieder zur Klärung vorgelegt wird. Sollte der europäische Gerichtshof die Unvereinbarkeit feststellen, haben Rückforderungsanträge Aussicht auf Erfolg. Von der neuen Regelung Betroffene sollten die weitere Entwicklung im Auge behalten.