Marcel Aymé

Ich möchte Euch

Les Contes du chat perché

vorstellen, die mir Kissou geschenkt hat und die ich gerade mit großem Vergnügen lese. Die Geschichten spielen auf einem Bauernhof irgendwo in Frankreich. Geschrieben wurde das Buch in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts. Hauptpersonen sind zwei kleine Mädchen, die zusammen mit den Hoftieren allerlei Abenteuer erleben, die in kurzen Episoden humor- und liebvoll geschildert werden.

  • Da lässt es der Hofkater beispielsweise wochenlang regnen, um den Kindern einen als Strafe verhangenen Besuch bei der unsympathischen Tante zu ersparen,
  • ein anders Mal büchst den Mädchen eine Kuh aus und während sie sich auf die Suche begeben, wird ihnen auch noch die Herde gestohlen,
  • in einem weiteren Kapitel versuchen « les petites » -mit ungeahnten Folgen-, den Zugochsen das Lesen beizubringen…

Der Autor gibt an, er habe das Buch für Kinder von 4 bis 75 Jahren geschrieben (ich bin also gerade im richtigen Alter!). Und genau so liest es sich auch. Einfach in der Sprache, einfühlsam und doch hintergründig. Die Tiere, die selbstverständlich alle sprechen können, haben einen ausgeprägten Charakter und stellen sich im Notfall (und der tritt in jeder Geschichte ein) immer gegen die Eltern auf die Seite der Mädchen.

Selbst wer nur über eingerostete oder noch nicht vollkommene Französischkenntnisse verfügt, wird in dem Büchlein ohne große Mühe flott vorankommen. Nebenbei erweitert man seinen Wortsschatz „rund um den Bauernhof“ und frischt den Imperfekt auf. Mir gefällt besonders, dass die (meist höfliche und sehr liebenswürdige) Ansprache zwischen den Akteuren viele Beispiele bietet, die man in das eigene Repertoire übernehmen kann.

Für den erwachsenen Leser dürften auch die soziolgischen Aspekte zm Schmunzeln anregen. Wegen welcher Verfehlungen die Eltern ihre Töchter ins Gebet nehmen, durch welches (ganz und gar menschliche) Verhalten sich die Tiere in die Wolle kriegen, wie sie sich anfrotzeln und welche Diplomatie von Nöten ist, damit sie sich am Ende wieder vertragen, alles das gibt einen amüsanten Einblick in das französische Alltagsleben einer Familie Tout-le-monde.

Wer mehr über das Buch oder den Autor wissen möchte, kann sich hier informieren:
fr.wikipedia.org/wiki/Les_Contes … erch%C3%A9
fr.wikipedia.org/wiki/Marcel_Aym%C3%A9

Das Buch „Le passe-muraille“ von Marcel Aymé bildet übrigens die Vorlage für die Rühmann-Klamotte „Ein Mann geht durch die Wand“, die die Älteren unter uns vielleicht noch kennen.

Zum Schluss habe ich noch eine Frage:
Der Bauer sagt in einem Kapitel zu seinem Schwein „….rentre dans ta soue“.
Wer kann mir bitte sagen, was la soue (etwa der Schweinekoben ???) heißt? Ich konnte keine Übersetzung finden.
Besten Dank im Voraus und viel Vergnügen bei der Lektüre!

genau,schweine koben/stall
fr.wiktionary.org/wiki/soue
das buch kenne ich durch meine kinder :smiley: :wink:

Danke für die Bestätigung, edwin! Und auch für den Link - wiktionnaire kannte ich noch gar nicht. :smiley:

Ich habe alles nicht verstanden, aber dieses Buch hat dir gefällt Ja ???
ich freue mich darauf ! Ich habe ein sehr gut Erinnerung aus dieser Buch in meinem Kinderzeit ! :wink:

bis bald :wink:

Danke für den Tipp, tessi - und schön Dich wieder unter uns zu wissen!

Klingt super - da kennt einer unsere geheimsten Wünsche! :smiley:

@Nebenstelle: ja, der Autor kann sich gut in die geheimen Wünsche von Mensch und Tier hineinversetzen.

@ Kissou: Le livre me plaît beaucoup, il est trop mignon!

Für alle, die die Contes nicht kennen gebe ich mal eine kleine Kostprobe aus dem Kapitel

„Le loup“

Die Geschichte ist seit den Gebrüdern Grimm hinlänglich bekannt. Die Eltern lassen ihre beiden kleinen Töchter alleine zu Hause und schärfen ihnen, wie überall auf der Welt, folgendes ein:

  • Souvenez-vous de n’ouvrir la porte à personne, qu’on vous prie ou qu’on vous menace.

Kaum sind die Eltern gegangen, schleicht sich auch schon, wie könnte es anders sein (!) der Wolf mit finsteren Absichten ans Haus und bittet um Einlass. Die Kinder sind hin- und hergerissen zwischen Neugier und dem elterlichen Verbot. Aber noch überwiegt ihr Misstrauen (man hat schließlich auch in Frankreich noch nie etwas Gutes vom Wolf gehört) und deshalb muss der böse Kerl alle seine Überredungskünste aufbieten. Dazu greift er, wie ihr gleich sehen werdet, ganz schön tief in die psychologische Trickkiste!

Le loup pencha la tête du côté gauche, comme on fait quand on est bon, et prit sa voix la plus tendre :

  • J’ai froid, dit-il, et j’ai une patte qui me faire bien mal. Mais ce qu’il y a, surtout, c’est que je suis bon. Si vous vouliez m ‘ouvrir la porte, j’entrerais me chauffe à coté du fourneau et on passerait l’après-midi ensemble.
    Les petites se regardaient avec un peu de surprise. Elles n’auraient jamais soupçonné que le loup pût avoir une voix si douce.
  • Allez-vous-en, dit Delphine, vous êtes le loup.

Und fügt immer noch ganz standhaft an:

  • Nos parents nous ont défendu d’ouvrir la porte, qu’on nous prie ou qu’on nous menace.

Aber so leicht lässt sich ein französischer Wolf wohl nicht entmutigen. Außerdem besinnt er sich auf sein schauspielerisches Talent.
Alors le loup poussa un grand soupir, ses oreilles pointues se couchèrent de chaque coté de a tête. On voyait qu’il était triste.

  • Vous savez, dit-il, on raconte beaucoup d’histoires sur le loup, il ne faut pas croire tout ce qu’on dit. La verité, c’est que je ne suis pas méchant du tout.

Il poussa encore un grand soupir qui fit venir des larmes dans les yeux de Marinette.
Mais Delphine lui jeta par le nez :

  • Et l’agneau, alors ? … Oui, l’agneau que vous avez mangé ?

Dieser Vorwurf bringt den Wolf nicht aus der Fassung:

  • L’agneau que j’ai mangé, dit-il. Lequel ?

Il disait ça tout tranquillement, comme une chose toute simple et qui va de soi, avec un air et un accent d’innocence qui faisait froid dans le dos.

  • Comment ? vous en avez donc mangé plusieurs ! s’écria delphine. Eh bien ! c’est du joli !
  • Mais naturellement que j’en ai mangé plusieurs. Je ne vois pas où est le mal… Vous en mangez bien, vous !

Ihr ahnt es schon, der Wolf ist um kein Argument verlegen.

Ob die Geschichte endet wie bei unseren sieben Geißlein, lest Ihr am besten selber nach! :wink: