In diesem 2017 veröffentlichten Kriminalroman behandelt Jean-Christophe Grangé die Jagd auf einen bzw . mehrere Serienmörder, deren Motive offenbar in einer animistischen zentralafrikanischen Tradition liegen, die durch Dämonen und grausame Zauberrituale zum Schutz der Täter geprägt sind. Der Roman, der polizeiliche und politische Aktivitäten in der Demokratischen Re-publik Kongo, in Frankreich, in der Schweiz und in Belgien erfasst, bietet aber weit mehr als die spannende Darstellung einer letztlich nur z. erfolgreichen Fahndung, sondern auch eine eindrucksvolle differenzierte Analyse von Personen. Im Zentrum steht die französische Familie Morvan, wobei deutlich wird, dass Grégoire und Maggie Morvan als Eltern von Erwan, Loïc und Gaëlle durch eine problematische düstere Vergangenheit in Zentralafrika geprägt sind, die ihr gesamtes Familienleben belastet. Der Elitepolizist Erwan Morvan, der auch auf Drängen seines Vaters in einem mysteriösen Mordfall in einer sehr effektiven Weise auf einer bretonischen Militärbasis ermittelt und die Spur eines brutalen Mörders und seiner Komplizen oder Nachahmer verfolgt, ist belastet durch Kommunikationsprobleme vor allem im familiären Bereich und damit verbundene Depressionen. Grégoire Morvan, der sich als französischer Geheima-gent im Kongo durch Korruption und andere kriminelle Machenschaften große Gewinne im Coltan-Bergbau gesichert hat, schreckt nicht vor Mord zurück, um politische oder persönliche Ziele zu erreichen. Dieser immer noch aktive Geheimagent kann sich von seinem negativen Menschen-bild, das auch die Politik erfasst, nicht lösen, obwohl er als Geheimagent sehr effizient ist. Auch im familiären Umfeld, vor allem gegenüber seiner Frau Maggie, erweist er sich öfter als gewalttätig, autoritär und aggressiv und belastet damit seine gesamte Familie. Es geht ihm letztlich um die Vertuschung persönlicher Schuld und trotz seiner persönlichen Defizite um den Schutz seiner Familie. Maggie Morvan, die offenbar das Verhalten ihres Mannes deckt, scheint ebenfalls eine problematische Vergangenheit im Kongo gehabt zu haben. Die Tochter Gaëlle Morvan, die ihren Traum von einer Karriere als Schauspielerin nicht realisieren kann, ist geprägt durch Drogen, Prostitution und eine permanente Rebellion gegen ihre Familie und gegen Männer im Allgemeinen. Ihr Hass auf den Vater nimmt oft die Form eines Rachefeld-zugs an. Ihr Bruder Loïc Morvan bringt es als Börsen-makler zwar zu Reichtum, ist aber als Drogensüchtiger und geschiedener Vater von 2 Kin-dern ebenfalls Opfer der negativen Struktur seiner Familie. Seine von ihm schließlich getrennte italienische Ehefrau Sofia, die eine Liebesbeziehung zu Erwan aufnimmt, entdeckt , dass ihre Ehe-schließung mit Loïc auch das Resultat von Manipulation der beiden Väter ist, die versucht haben, ihre gemeinsam in Zentralafrika (in Lontano) auf fragwürdige Weise erworbenen Gewinne durch eine familiäre Vereinigung zusammen- zuführen. Nach einer Serie von weiteren Morden und vereitelten Mordanschlägen auf Mitglieder der Familie Morvan gelingt es schließlich Erwan Moran, einige Haupttäter zu entlarven und unschädlich zu machen, wobei auch die Persönlichkeit des von Grégoire Morvan vor Jahrzehnten in Zentralafrika verhafteten Ex-Ingenieurs Pharabot als animistisch inspi-rierter „Nagelmörder” deutlicher wird. Dennoch bleiben auch nach dem Tod Pharabots in einer psychiatrischen Klinik viele Fragen offen, da es offenbar Komplizen und Nachahmer Pharabots gibt, die auch vor genetischen Manipulationen nicht zurückschrecken. Einer davon ist ein Kollege Erwans, der in einer spektakulären gemeinsamen Aktion von Mitgliedern der Familie Morvan entlarvt und in Notwehr getötet wird. Erwan beschließt schließlich gegen den Willen seines Vaters die Fort-setzung seiner Ermittlungen in Zentralafrika. Insgesamt ist dieser Roman vor allem wegen seiner Analyse von psychologischen Fehlentwicklungen sehr lesenswert.