In diesem 2023 erschienenen scharfsinnigen Buch analysiert der philosophisch-soziologisch orientierte Journalist Jena-Philippe Trottier die aktuelle Entwicklung der öffentlichen Meinung bzw. dominierende moderne „Ideologien”, die aus seiner Sicht in einem Zeitalter der Verdrängung von Religion und Tradition oft mit Hilfe sozialer Medien die Funktion von Ersatzreligionen einnehmen. Extreme Formen des Feminismus und Antirassismus und der unkritischen Revision der Geschichte des Kolonialismus und etliche andere moderne Denk-weisen(Gender-Debatte, Woke-Ideologie/ Cancel-Culture) werden als wissenschaftlich undifferenzierte, unbegründete oder falsche „Ideologien” kritisch beleuchtet, wobei der Autor einen besonderen Schwerpunkt legt auf die Analyse der mit diesen „Ideologien” verbundenen Intoleranz bzw. auf die Anprangerung eines fragwürdigen Opferkults, der ein möglicherwiese schuldhaftes Verhalten der Opfer von vornherein ausschließe und zu neuen Formen der Aggression führe. Trottier bestreitet nicht die berechtigte Kritik an historischen oder aktuellen sozialen Missständen, plädiert aber für mehr Differenzierung, Perspektivenwechsel, Toleranz und Orientierung an nicht nur historischen Realitäten. Er hält eine kritische Rehabilitierung von Tradition und Reli-gion für sinnvoll. Der Autor ist bestrebt, viele seiner Thesen mit theologischen Bezügen zu belegen, die leider für den Laien oft schwer verständlich sind und insgesamt doch sehr weitschweifig wirken. Zu bemängeln ist auch das fehlende Literaturverzeichnis sowie die nicht immer klare Zuordnung von Zitaten im Text. Trotz des Plädoyers des Autors für mehr Differen-zierung in der öffentlichen Meinung könnte man auch ihm angesichts seines oft sehr polemischen Stils in dieser Hinsicht einige Differenzierungsschwächen vorwerfen. Insgesamt gesehen hat dieses Sachbuch zwar etliche Schwächen, ist aber als interes-sante Anregung zum Nachdenken über die öffentliche Meinung in unserer Zeit akzeptabel.