Le mage du Kremlin Giovanni da Empoli

In diesem Roman zwischen Fiktion und historischer Realität des 20. und 21.Jahrhun-derts analysiert der französischsprachige Schweizer Autor Giovanni da Empoli die Mentalität und Strategien Putins und seiner Helfer, die russische Mentalität in den letzten hundert Jahren, die aktuellen Beziehungen zwischen West und Ost sowie Schwächen unseres westlichen Systems. Im Zentrum der Handlung steht außer Putin ein myste-riöser politischer Berater Putins(Vadim Baranov), der sich nach seinem Rücktritt aus Gründen der Selbsterhaltung und wegen einer gewissen psychologisch-philosophischen Erschöpfung dem Erzähler bzw. dem Autor anvertraut. Der ehemalige Literaturwissen-schaftler, Regisseur und Fernsehproduzent (Reality-TV) Baranov lässt sich von einem einflussreichen Oligarchen, der seinen politischen Einfluss und seine Menschenkenntnis aber fatalerweise selbst überschätzt, anwerben, um als politischer Berater Putins diesen zum Politstar aufzubauen und ihm zum Wahlsieg zu verhelfen. Dies gelingt zwar, aber das Gespann Putin-Baranov erweitert systematisch durch geschickte Manipulationen nicht nur der Medien seine Macht, die sich schließlich zu einer geschickt im scheinbar noch demokratischen Gewand getarnten Form von brutaler Diktatur des „Zaren” Putin entwickelt, der seine Revisionspolitik zwecks Wiederherstellung eines mächtigen russi-schen Imperiums systematisch betreibt und sich nach etlichen auch von ihm erlebten Demütigungen durch westliche Führer immer mehr vom Westen abgrenzt und sich selbst und mit ihm auch viele manipulierte Russen in eine politische Isolation führt. Dass dieser politische Kurs Putins auch viele politisch ambitionierte Oligarchen in den Ruin oder sogar in den Tod treibt, wird sehr anschaulich dargestellt. Anzumerken wäre noch, dass der ehemalige Berater Putins sich schließlich desillusioniert auf sein Privatleben und seine Tochter konzentriert, was für ihn eine Form von resignativem Glück ist.
Man muss nicht alle politisch-philosophischen Hinweise des Autors bzw. Baranovs als unumstößliche Wahrheit akzeptieren, aber dieser Roman beschreibt doch sehr klar viele Mechanismen des Systems Putin, auch wenn er vielleicht nicht alle wesentlichen Aspek-te des Systems Putins erfasst. Der Roman regt auch zum Nachdenken über unsere durch Internet und Medien geprägte politische Welt des Westens an. Die Charakterisie-rung der Hauptpersonen ist oft sehr detailliert. Prägnante Formulierungen und etliche bildhafte Vergleiche sind weitere Stärken des Romans. Insgesamt ist dieser Roman sehr lesenswert.