2012 kauft Isabelle Monnin im Internet einen Umschlag mit Familienfotos. Ohne Namen, ohne Daten. Sie beobachtet die Fotos von diesen unbekannten Menschen und entwickelt eine Geschichte. Das ist der Roman von den « gens dans l’enveloppe ». Alles dreht sich um Michelle, die Mutter, die die Familie mit ihrem argentinischen Liebhaber verlässt. Die Tochter Laurence verbringt ihre Kindheit gemeinsam mit der Abwesenheit ihrer Mutter. Der Vater lebt auch im Haus aber ohne Motivation für irgendwas. Auch die Grossmutter ist da und behält die Familientraditionen (Sonntagsbrathuhn und Spaziergang bis zum Staudamm) bei. Der Sommer am üblichen campingplatz mit der Tante darf auch nicht fehlen.
Dem Leser werden die Fotos als Beweise zu Verfügung gestellt.
Nach dem Schreiben des Romans entscheidet sich die Autorin dafür, die auf den Fotos dargestelle Familie zu finden und sie kennen zu lernen. Die Ermittlung ist der 2te Teil des Buchs. Das Nummernschild eines Autos weist auf ein Departement hin. Der Kirchturm hilft, dank Internet, das Dorf zu finden. Erste Überraschung : es liegt 50km vom Heimatdorf der Autorin entfernt. Dann lernt die Autorin ihre Figuren kennen (wie aufregend für eine Schriftstellerin !) und der Leser darf sie dabei begleiten, denn über die Ermittlung wird in Form eines Tagebuchs berichtet. Tag für Tag treffen wir die aus dem Roman bekannten Figuren, wir erfahren ihre echte Namen, ihre Kindheit im Dorf, ihre Leben im Dorf und ausserhalb… und stellen fest, dass der Roman immer wieder mit der Realität übereinstimmt. Ein Foto sagt also doch mehr als tausend Worte.
Begleitend zum Buch komponierte Alex Beaupain (Komponist von den filmischen Musicals « les bien-aimés » und « les chansons d’amour ») 10 Songs, die der Struktur des Romans folgen. Camélia Jordana, Clothilde Hesme und Françoise Fabian sowie Beaupain selbst singen. Die echten Familienmitglieder singen auch dazwischen Songs, die in ihren Leben wichtig waren.
Das ganze Werk erschien 2015. Die Songs sind im Youtube zu finden.
Ein sehr berührender Roman, eine spannende Ermittlung mit reizenden Figuren (sowohl im Roman als auch im echten Leben) und tolle Songs. Besonders interessant für diejenigen, die sich für Familiengeschichten und Ahnenforschung interessieren, sowie allgemein für das einfache Leben von ganz normalen Menschen, in dem sich oft vieles Universale versteckt.
Besonders lobenswert ist der Stil der Autorin, gut geschrieben, angenehm zu lesen. Viele bewegende, einfallsreiche und treffende Formulierungen, die auf eine Arbeit mit der Sprache hindeuten, die aber nicht zum unlesbaren Experimentellen wird.