Denkt man an die Königinnen Frankreichs, fallen einem sicher nicht allzu viele ein. Klar, waren sie auch anders als etwa die englischen Königinnen immer nur die Ehefrauen der französischen Könige und wenn sie gleichzeitig Regentinnen waren, dann nur, wenn der Mann verstorben war und gerade sonst niemand Zeit hatte… Also denken wir bei „Königin Frankreichs“ vor allem an Marie-Antoinette. Dabei gibt es eine, die Frankreich noch viel mehr geprägt hat und die weit davon entfernt war, eine glamouröse princesse zu sein.
Katharina von Medici wurde am 13. April 1518 in Florenz geboren, als Sprössling jener berühmten Familie, deren Name noch heute mit Italien verbunden ist. Dabei war die große Zeit dieser Kaufmannsfamilie schon beinahe vorbei. Der Stern der Medicis rund um den Papst Clemens VII sank unaufhaltsam. Da kam die Geburt eines neuen Sprösslings gerade recht. Katharinas Eltern starben bereits kurz darauf und ließen sie als Waise zurück. Ausgestattet mit einer reichen Mitgift, wurde Katharina im Alter von 16 Jahren mit dem zweiten Sohn des französischen Königs Franz I. verheiratet, um den Bund zwischen dem Vatikan und Frankreich zu stärken und um wenigstens ein Stück der Medici-Macht zu erhalten.
Startschwierigkeiten
Doch die Franzosen zeigten sich wenig beeindruckt von ihrem Reichtum, dem schönen Schein. In ihren Augen war sie nur die Kaufmannstochter, also nicht die beste Partie. Sie war auch nicht die liebreizende Dame, die man sich für einen Königssohn wünschen konnte, sondern wenig ansehnlich und zu Übergewicht neigend. Zu allem Überfluss gelang es ihr nicht, Heinrich Kinder zu gebären. Ihre Lage verschlimmerte sich, als der älteste Sohn von Franz I starb und somit Heinrich zum Thronfolger wurde. Damit wurde auch Katharina aus dem Schatten ins Licht geschoben. Sie mochte nicht schön gewesen sein, aber sie war klug und besaß Menschenkenntnis. Da Heinrich bereits mit einer Mätresse ein Kind gezeugt hatte, blieb der Makel der Unfruchtbarkeit allein an ihr hängen. Sie suchte das Gespräch mit Franz, der ein großer Bewunderer und Förderer der italienischen Kultur war und die Renaissance nach Frankreich getragen hatte. Sie erniedrigte sich selber vor ihm und bot an, sich freiwillig in ein Kloster zurückzuziehen oder der neuen Gattin ihres Mannes zu dienen, sollte die Ehe annuliert werden. Franz zeigte sich gerührt und beharrte darauf, dass Katharina nicht verstoßen werden sollte. 1544 gebar sie tatsächlich das erste von insgesamt zehn Kindern.
Katharina von Medici geht als die Mutter dreier Könige Frankreichs ein und auch als Mutter des letzten Königs der Valois. Doch so eindrucksvoll das klingt, so sehr steckt in dieser Geschichte Tragik. Als ihr Mann Heinrich II 1559 nach einem Unfall starb, wurde ihr Sohn Franz II König, als 15-Jähriger, der zudem gerade erst die berühmte Maria Stuart von Schottland geheiratet hatte. Ein Kind noch, das sich zudem als nicht besonders willensstark gezeigt hatte. Kein Wunder, dass andere Einfluss auf seine Regenschaft suchten: Der Herzog von Guise, Frankreichs erfolgreichster Feldherr. Franz II starb als Sechzehnjähriger und übergab somit den Thron an seinen Bruder Karl, zehn Jahre alt. Diese besondere Situation rief Katharina wieder auf den Plan, sie wurde Regentin. Unerfahren in politischen Dingen aber mit diplomatischem Gespür regierte sie Frankreich in schwierigen Zeiten. Ihr Wunsch nach Frieden und Maß sowie ihr Talent zum Aussitzen von Problemen erinnert an wenig an Angela Merkel… Das Land war in Katholiken und Protestanten gespalten und Katharina selber weiterhin nicht besonders beliebt. Sie galt ihren Untertanen als kalt, als nicht adlige Florentinerin zudem als fremd. Dabei war sie intelligent und von ausgleichendem Gemüt, suchte Kompromisse und zeigte Verhandlungsgeschick.
Genickbruch Bartholomäusnacht
Doch es ist ausgerechnet eine der dunkelsten Stunden Frankreichs, die man mit Katharina von Medici verbindet: Die Bartholomäusnacht, das Abschlachten der Protestanten im August 1572. Wer letztlich den Befehl gab, ist bis heute unbekannt, man kann nur mutmaßen. Passte es nach Auffassung der Zeitgenossen gut zu Katharina, hat die Forschung in dieser Sache erst spät festgestellt, dass ihre Schuld nicht zweifelsfrei geklärt ist. Eine Meinung sieht beim Herzog von Guise den Verursacher, auch vor dem Hintergrund, dass Katharina zuvor selber Sympathien für den protestantischen Gedanken gehegt hatte.
Das Königshaus kam nicht zur Ruhe. Auch Katharinas zweiter Sohn Karl IX starb, und so wurde 1573 ihr zweitjüngster Sohn Heinrich König von Frankreich. Auch seine Herrschaft ging nicht als ruhmreich in die Geschichte ein. Er hielt wenig von Politik und interessierte sich mehr für Mode, Schmuck und seine Mignons, männliche Maitressen. So war es an Katharina, auch noch als alternde und kranke Frau durch Frankreich zu reisen und zu versuchen, Frieden und Stabilität herzustellen, nach dem sie sich immer gesehnt und den sie doch nie erreicht hat. Unter den Franzosen galt sie als Giftmischerin, Dichter schrieben böse Werke über sie.
Tod und Nachlass
Als sie am 5. Januar 1589 69-jährig starb, war die Trauer selbst bei ihrem „Augapfel“, Heinrich, nicht groß. Die Pariser Bürger feierten diesen Tag gar und auch die Hugenotten von La Rochelle triumphierten. Zu diesem Zeitpunkt wusste niemand von ihnen, dass nur acht Monate später auch Heinrich sterben sollte. Er fiel dem Attentat eines Mönchs zum Opfer. Der letzte Valois-König hatte seinem Land nichts hinterlassen bis auf eine einzigen wegweisenden Vertrag: Er setzte seinen Namensvetter Heinrich von Navarra als seinen Nachfolger ein, unter der Bedingung, dass er katholisch wurde. Als Heinrich IV von Frankreich ging er später in die Geschichte ein.
Auf den ersten Blick mag nicht viel von Katharina von Medici geblieben sein, von Ruhm schon gar nicht zu sprechen. Doch sie war in einer schwierigen Zeit Königin von Frankreich und stellte entscheidende Weichen für das Land, das es heute ist. Und auch auf einer ganz anderen Ebene hat sie Spuren hinterlassen: Sie brachte die italienische Esskultur nach Frankreich, die salzige von süßen Speisen trennte und wo man mit einer Gabel aß, die in Frankreich bis dato unbekannt war. Sie brachte auch das Feuerwerk ins Land. Sicher nicht die größte Errungenschaft der Menschheit, aber es hat sie selber um Jahrhunderte überlebt. Es heißt, sie war die Erste, die eine Unterhose unter ihren Gewändern trug, die Erste, die den Damensattel nach Frankreich brachte und auch die, die Schnupftabak hoffähig machte. Wenn das nichts ist…
Weiterlesen:
Irene Mahoney: Katharina von Medici, Königin von Frankreich. Diedrichs, 1995.