In dieser 2016 erschienenen preisgekrönten Biographie beschreibt der Literaturprofessor Jean Balcou mit viel Engagement das Leben und das Werk des vielseitig interessierten Religionswissenschaftlers Ernest Renan(1823 – 1892), der sich auch als Historiker, Philologe, Kulturwissenschaftler und Philosoph verstanden hat. Ausgehend von den Schriften Renans und vielen weiteren für sein Leben relevanten Dokumenten macht der Autor trotz seines erkennbaren Bemühens um eine differenzierte Analyse kein Hehl aus seiner Faszination und seiner Bewunderung für den unermüdlichen Wissenschaftler Renan. Der Autor macht deutlich, dass Renan trotz seiner amtskirchenkritischen Haltung ein religiöser und vom Christentum geprägter Mensch sein wollte. Obwohl er mit seiner Betonung des menschlichen Charakters von Jesus Christus und seiner Ablehnung von christlichen Dogmen und des christlichen Wunderglaubens auf eine schroffe Ausgrenzung seitens der Amtskirche stieß, sah sich Renan selbst als gläubiger Christ. Als besonders verdienstvolle Leistung Renans stellt Balcou seine wissenschaftlichen Arbeiten zum Leben von Jesus Christus, zur Geschichte der Juden und des Orients und der römischen Antike heraus. Renan setzte sich generell für Bildungsreformen und Bildungschancengleichheit ein; nur auf dieser Grundlage erschien Renan das von ihm kritisch beleuchtete allgemeine Wahlrecht akzeptabel. Der Autor betont, dass Renan die Theologie auf eine wissenschaftliche Grundlage stellen wollte. Er würdigt auch das politische Engagement Renans, der sich schließlich von seinem Ideal einer liberal geprägten konsti-tutionellen Monarchie abwandte und eine .liberal geprägte demokratische Republik favorisierte, wobei er sich für Völkerverständigung inbesondere zwischen Frankreich und den Deutschen einsetzte. Trotz vieler Schicksalsschläge und gesundheitlicher Probleme hat sich Renan bis zuletzt unermüdlich für die Freiheit des wissenschaftlichen Arbeitens engagiert. Typisch für Renan war sein Optimismus hinsichtlich der Erfolge der Wissenschaften zum Nutzen aller Menschen. Diese akribische Analyse von Leben und Werk Renans in Verbindung mit zahlreichen Abschweifungen und Querverweisen durch Jean Balcou ist trotz der literarischen Meisterleistung des Autors allerdings z. T. nur schwer lesbar bzw. erfordert einen sehr konzentrierten Leser. Insgesamt gesehen ist diese Bio-graphie trotz ihrer Schwächen ein lesenswertes Buch, das den Leser anregen könnte ,sich näher mit dem Originalwerk von Ernest Renan zu beschäftigen.