Der schönste Ort der Normandie ist …
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Ich bin zurück und bevor das Forum diesen Sommer verwaist, stelle ich schnell meinen Reisebericht ein. Ich gliedere es chronologisch nach Tagen und schreibe je nach Resonanz weniger oder mehr. Und damit ihr was zum Spielen habt, mache ich mal eine Umfrage dazu. Geht los!
Deauville, Trouville-sur-Mer, Honfleur
Bleu, blanc, vert – Das sind die Farben der Normandie. Man findet sie in diversen Kombinationen: Himmel. Wolken, Wiesen. Oder Meer, Klippen, Wiesen. Meer, Kuh, Wiesen. Fachwerk, Käse, Touques. Diese Reihe lässt sich endlos fortsetzen, aber immer ist Natur dabei, denn davon gibt es ganz schön viel, hier in Frankreichs Norden.
Der Samstag nach einer zehnstündigen Fahrt durch heftige Schauer endet mit Sonne, als wir die Grenze der Region Normandie erreichen. Hoch und runter geht es, hinauf auf Plateau und wieder hinunter. Zwischen Weizen- und Flachsfeldern mit leichtem blauem Flaum hindurch und immer wieder über Viadukte und Brücken, welche ihren Meister in der/dem Pont de Normandie finden, auf der sich die Seine bequem und spektakulär überqueren lässt. Die Normandie ist eine Landschaft der strukturierten Weite und genau das findet man hier, transferiert aus jahrhundertelanger Geschichte hinein in die Moderne des 21. Jahrhunderts. Selbst das Industriehafen-Moloch Le Havre strahlt in der Abendsonne, die hier noch so viel höher am Himmel strahlt als in Deutschland. Kein Wunder, müsste es doch eigentlich auch eine Stunde früher sein, so weit westlich ist man hier. Der Greenwich-Meridian trifft hier ganz in der Nähe, in Villers-sur-Mer, auf europäisches Festland.
5,40 € kostet der Pont-de-Normandie-Spaß für einen PKW, für Fußgänger und Radfahrer ist er gratis. Beim Anblick der schmalen Spur, die für sie reserviert ist, gleich zwischen dem Abgrund der Seine und der Weite des normannischen Himmels und vor allem mitten im Wind, ist das ein fairer Preis.
Das Ziel der Reise ist Trouville-sur-Mer, Sehnsuchtsort der Belle Epoque, von Künstlern, Schriftstellern, BCBG aus dem nahem Paris. So fungiert die Normandie als Garten von Paris und ich merke es gleich bei einem ersten Spaziergang kurz vor Sonnenuntergang am Hafen, welcher sich die Touques entlangzieht. Die Restaurants am Hafen sind voll mit gut aussehenden und gut gekleideten Menschen, jung, mittelalt, im besten Alter. Alles dabei. Sie sind laut und rauchen zierlich und sitzen vor auf den kleinen Tischen aufgebauten Etageren mit Meeresfrüchten, während die letzten Sonnenstrahlen hinter den Wolken das Schauspiel rosa und orange und lila illumiert. Das Meer ist sanft an diesem Abend, der Seewind warm und gütig stetig. Es ist Flut und die zahlreichen Möwen streiten sich in der Luft, während sie wie wild um Appartmentblöcke und Hotels am Strand herumfliegen.
Hier ist es schön, hier mag ich bleiben.
Sonntag. In Deauville heißt das Markttag. Die Schickeria in weißen Stoffhosen und großen Sonnenbrillen spielt Alltag und deckt sich an der Place de Morny, auf die die wichtigsten Straßen der Innenstadt zulaufen, mit teurem Gemüse und reichlich Marmelade und Käse ein. Drei Gläser Erdbeermarmelade für 15 €? Hier kein Problem. Ich frage mich, was das für Erdbeeren sein mögen. Die Sonne brennt vom Himmel und ein Hauch von Wind erinnert einen daran, dass es nur 19°C warm ist. An der Place de Morny findet sich auch das Café de Paris – natürlich. Man will sich ja als Wochenendgroßstadtmüder doch wie zu Hause fühlen. Und sollte einen auch der endlose Strand einmal langweilen, findet man Zerstreuung und Geldbeutelerleichterung in den endlosen Ladenzeilen der Innenstadt, unter schmuckem Fachwerk. Eine Interpretation der Normandie. Ein Stück Traumland, eingepflanzt in Sumpf, eingerahmt von Hügeln, gigantischem Hippodrom und Holzpromenade. Am ziemlich nahen Horizont droht Trouville, schaut auf Deauville herab, scheint zu sagen: Hier drüben ist die gute Seite, die authentische, die geschichtsträchtige. Und Deauville, das ist der Spaßpark für die Reichen. Hier zwängt sich eine Boutique von YSL in ein kleines, weißgetünchtes Fachwerkhaus und die Filiale des Kaufhauses Printemps stellt sich als bescheidener Eckladen dar. Bei aller Abgehobenheit: Schmuck ist es schon, dieses Deauville. Ein Feriendorf zum Schlendern und Schauen.
Es ist weit bis zum Meer, uns zwei trennt eine Uferstraße, die in der Vorsaison noch wenig befahren ist, ein bepflanzter Mittelstreifen, die zweite Spur Richtung Bénerville, das Kongeresszentrum, eine Lavendeallee mit grauem Steinboden und blauen Bänken, eine breite Reihe der berühmten Planches und schließlich ein schier unendlicher Strand. Es ist mal wieder etwas los in Deauville, im Bassin des Flots schaukeln seit Tagen die Rennbote der Skipper und heute laufen sie aus. Es ist die große Regatta Eric Bombard. Die Brücken sind hochgeklappt und unter dem Jubeln der etwa 100 Zusschauer entlang des Ausgangs fahren sie nacheinander aus, jeder der braungebrannten Sportler, die ein Hauch Luxus und ein Hauch Abenteuer umweht, bekommt seinen Applaus. Sie sammeln sich schließlich zwischen Strand und Horizont vor Deauville, um schließlich um Punkt 13 Uhr aber ohne hörbaren Startschuss loszusegeln. Wohin? Keine Ahnung. Die Plakate im Hafen und in der Stadt schweigen dazu. Weg ist weg. Wo der Sieger nicht in Deauville gekürt wird, wird er auch schnell wieder vergessen.
Es ist ein schönes Leben für den Flaneur am Strand von Deauville. Eine Boutique macht eine Fotosession für Brautmode, das Model steht mit dem schicken Kleid im Wasser, der Saum der Wellen färbt es langsam grün und sandbraun. Sie strahlt, die Sonne strahlt zurück, ein unhörbares Klicken der Kamera, nächste Pose. Menschen bücken sich und heben Muscheln auf, ein einziger Muschelfriedhof dort am Rand des Wassers. Einige kleine Kinder spielen, bauen Kanäle und drei, vier Mutige wagen sich in die kalten Fluten. Es tut ihnen gut, der wonnige Moment, indem einem die Kälte von grob gefühlten 18°C ihnen den Atem nimmt, hinterlässt ein schiefes breites Grinsen auf ihren Gesichtern. Schultern werden angespannt, Bäuche eingezogen, um noch eine weitere Sekunde zu entkommen, bevor man sich dann doch wagt und hineinplatscht.
Wo eine Scholle à la Normande 42 € kostet, sollte man zum Essen lieber weiterziehen und sich ein Plätzchen auf dem Teppich suchen. Das heißt hier in Trouville-sur-Mer, direkt gegenüber. Es gibt einen leichten Salat. Was in diesem Fall (wir sind in Nordfrankreich) bedeutet: Mit großen Scheiben Camembert, Bratkartoffeln und Pute drin, außerdem Crotons, die nach Karamel schmecken. Während wir eine dreiviertel Stunde auf das Essen warten müssen in dem kleinen Lokal, in dem die kleine Tochter der Besitzerin und Kellnerin in einem die Tische abdeckt und mit Stolz wacklige Weißweingläser durch die engen Reihen balanciert, hole ich mir den Sonnenbrand meines Lebens, als die Sonne immer weiter am Mittagshimmel dreht und so einen kleinen Teil meines leider uneingecremten linken Schlüsselbeins erwischt. Wir warten und warten. An den Nebentischen essen die jungen und mittelalten Städter noch Frühstück. Es ist 14:30 Uhr. Eine Zigarette dazu und ein Glas Wein und dann flanieren sie weiter. Wir warten und warten. Ein anderes Paar nimmt den Platz der Frühstücker ein und möchte wie wir das Menü des Tages für 15 €, aber - pardon, das Menü gibt es nicht sonntags – in unserem Fall und – pardon, die Mittagsküche schließt um 15 Uhr - . Kein Essen für sie, Salat für uns. Darunter ein Einweg-Tischset, schwarz mit weißen Lettern. Sprüche von bekannten Persönlichekeiten rund ums Essen. L’appetit vient en mangeant, la soif disparrait en buvant. Francoise Sagan.
Ein erstes Mal die Füße hochlegen vom vielen Laufen und auf dem Balkon der Residenz in den Hügeln oberhalb der Stadt Orangina schlürfen. Was zum Mittag am Hafen noch 4 € für 200ml kostete, sodass ich beschloss, zumindest noch das Glasfläschchen dazu mitzunehmen und als Blumenvase zu benutzen, kostet jetzt in 1,5 Litern nicht mal die Hälfte und schmeckt göttlich großartig, während mein Blick auf das bewaldete Tal fällt. Ich zähle die Häuser, die man ganz oder teilweise sehen kann: 23. Und ich schaue mir die Wolken an, wieder einmal. Weiß. Einfach nur weiß, ohne Schnörkel.
Am Abend sind die Füße wieder nutzbar und der Sonnenbrand versorgt. Ich kann mich gar nicht entscheiden, wie ich ihn zuerst behandeln soll, also lege ich in vier Schichten auf: Sonnencreme, Kühlgel, Zinksalbe und schließlich ein bisschen Puder, damit man ihn nicht so sieht. Honfleur steht auf dem Plan. Welch magischer Name, wie gut er auf der Zunge liegt und zur Côte Fleurie passt. Ich erwarte eine Fachwerk- und Schieferorgie, ein Haufen Touristen, schmucke Jachten und gutes Essen. Schließlich hatte und die Frau von der Ferienwohnungsvermietung empfohlen, den Hafen mit den Touristenfallen links liegen zu lassen und stattdessen in der Crêperie La Cidrerie zu speisen. Der Rundgang in der Abendsonne beginnt natürlich am Hafen und es ist lebendig dort. Die Lokale auf der Sonnenseite sind voller Menschen, während die auf der Schattenseite noch um Gäste buhlen. Die schmalen Schiefer-,. Backstein- und Fachwerkhäuser machen eine gute Figur. Den Touristen hinterher zwängen wir uns durch die Gasse hinauf zur Kirche Ste. Cathérine, welche vollständig mit Holz ausgekleidet ist. Sie wirkt bodenständig und gemütlich und versucht dem Holz etwas Göttliches abzugewinnen. Es gelingt nicht ganz. Der Kirche ohne Turm steht ihr Glockenturm gegenüber und er schlägt sechs, als wir ihn passieren. Leicht verwittert und von Geschichte zeugend und doch posaunt sie vor Kraft strotzend die Zeit in die Honfleur-Welt hinaus. Wieder schleichen wie aus dem Ei gepellte Wochenenddausflügler die Sträßchen entlang, Hand in Hand und erfreuen sich an ihrer eigenen Makellosigkeit und der Schönheit der Stadt.
Nach einer langen Runde über Kopfsteinpflaster und den Kopf im Nacken, den Finger am Auslöser der Kamera, speisen wir in der empfohlenen Cidrerie. Es ist fast niemand da. Es wird Galette aus Blé Noir mit Jambon gespeist und dazu trinke ich in meiner ganzen Stillosigkeit und Kindheitserinnerungen ein großes Glas Erdbeersirupwasser, das es scheinbar nur in Frankreich gibt. Es ist das beste Getränk der Welt. Gleich nach Orangina. Die Galette schmeckt wie Brot, nur ohne den Backvorgang. Als wir fertig sind, hetzt eine französische Familie herein und der Vater hetzt sie auch noch weiter, fragt die Kellnerin, ob es denn einen Fernseher gäbe. Als wir nach einer dreiviertel Stunde insgesamt die Crêperie verlassen, erstaunt uns das Bild der Straßen gleich zweimal: Es regnet in wenigen dicken warmen Tropfen und außerdem sind die Straßen menschenleer. Es ist kurz nach 20 Uhr und wie wir mittlerweile kombiniert haben, spielt heute Frankreich sein letztes Gruppenspiel. Das ist unsere zweite Begegnung mit der EM in Frankreich, die sich ansonsten sehr diskret verhält. Keine beflaggten Autos, keine Fans in Trikots. Die erste Begegnung war die Information, dass die Kroaten ihr Quartier oberhalb von Deauville im Parc des Loisirs bezogen hat.