Nach fast 500 Tagen ohne Regierung haben sich die Parteien am vergangenen Wochenende über eine Reform des Staats geeinigt, die also eine Regierungsbildung ermöglichen sollte.
Die Reform wurde gestern offiziell präsentiert.
Die Regionen bekommen mehr Befugnisse (=17 milliard Euro) in verschiedenen Bereichen wie Arbeitslosigkeit, Steuer, Gesundheit, Straßenverkehrsgesetz.
Das Problem der brüsseler Vororte (offiziell in Flandern, aber für 6 Gemeinde mehrheitlich frankophone) wurde (vorübergehend) gelöst : Bei Wahlen dürfen jetzt die Frankophonen aus den 6 Gemeinden für Kandidaten aus Brüssel stimmen (also Kandidaten, die frz sprechen). Frankophonen aus den anderen Vororten nicht, und sollen also für niederländischsprachigen Politiker stimmen.
Dafür bekommen alle Frankophone aus den Vororten eine Justiz in französisch (teilweise direkt in Brüssel).
Neuer Regierungschef sollte der sozialistische Walloner Elio di Rupo (60) werden. In Mai 2011 wurde er vom König beauftragt, die Verhandlungen für diese Reform zu führen, und dann eine Regierung zu bilden. Und das mit 8 Parteien…
Hoffentlich funktioniert es. Es ist irgendwie ein ungutes Gefühl, dass ein Staat mitten in Europa mit so einer wichtigen Hauptstadt permanent vor dem Zusammenbruch steht. Aber offenbar hat die Bevölkerung selber die einzig richtige Lösung für ihre Probleme: Nicht drum kümmern und aussitzen.
Aber Belgien hat ja noch nen König, der wen beauftragen kann eine Regierung zu bilden, wobei ich mich da frage; so als König kann er nicht selber die macht ergreifen, wo die Demokratie doch nicht zu funktionieren scheint?
Aber die Belgier waren ja nicht handlungsunfähig. Die Belgier von unserem Luxembourger Partner hat das aber auch nicht wirklich gejuckt, aber liegt wohl daran das sie bei St. Vith in dem kleinen deutschsprachigen Teils Belgien wohnen und genug vom deutschen Chaos mitkriegen…
Interessant und treffend fand ich einen satirischen Radiobeitrag vor einiger Zeit, der die Einstellung der Belgier zu ihrer praktischen Anarchie darstellt, hier als Textversion: Auf ein Wort: Rätselhaftes Belgien.
daran ist nix rätselhaftes. wir am niederrhein leben genauso. kommen prima damit klar. regnet es nicht, schwitzen wir wie die sau, fällt ein tropfen regen, sind wir „driitnaat“, also komplett durchnässt. und die beste ausrede für unlust oder gar nicht erscheinen heisst: komme gleich!
und belgien beweisst, das es auch ohne regierung geht, irgendwie… also warum haben wir noch eine? und dann noch so eine?
belgien ist innerlich schon gespalten, eben eine schein-ehe!
aber stört das? am morgen wird es hell und am abend dunkel, und aus nem haus rausgucken ist allemal schöner als draussen rumlaufen.
auf zur nächsten waffel, ner praline, nen kaffee und später ein bier.
fazit für mich:
ich liebe dieses herrlich anarchistische land, weil es ist wie ich.
… Belgier, das muss man als Deutscher erst lernen, wollen nur eins: ihre Ruhe. Das scheint der Konsens der belgischen Gesellschaft zu sein - über die Sprachgrenzen hinweg, wie die Geschichte vom versuchten Holzkauf zeigt. Der wallonische Händler kam gar nicht - trotz mehrfacher Anmahnung, das Holz war schließlich schon bezahlt. Der flämische Händler kam zunächst nicht, weil es regnete, dann aber nicht, weil die Sonne schien. Da war er nämlich shoppen. Dieses Laissez-faire mag man charmant finden, oder gar anarchistisch. …
Ich warte seit Monaten auf die bezahlte Lieferung von Edel-Pastis und bretonischen Keksen.
Doch, für den Norddeutschen Rundfunk ist es rätselhaft und deshalb einen Beitrag wert. Dagegen kann es hier gießen wie aus Kübeln und man findet, „Ach wat! Dat nieselt doch blots!“
Manchmal fühlt es sich schon so an, als wenn der ein oder andere Staat mitten in Europa eigentlich am anderen Ende der Welt liegt.
Belgien beweist, dass es ohne Regierung nicht geht. Belgien versinkt immer mehr in den Schulden. Die vorübergehende Regierung (wenn man nach 500 Tagen noch von „vorübergehend“ reden kann…) darf keine Maßnahme treffen, um die Situation zu ändern. Lange würde das nicht mehr gehen.
Diese Reform des Staats ist ein weiterer Schritt Richtung Spaltung. Der Bund hat immer weniger Macht, die Regionen immer mehr. Man bereitet schön langsam eine friedliche Trennung der beiden Teile vor.
Hier geht auseinander, was nicht zusammengehört, um Willy Brandts Ausruf einmal umzudrehen. Fragt sich nur, was aus Brüssel (Kernstadt) wird. Vielleicht löst man das Problem wie bei der Anbindung der Stadt Basel mit dem auf französischem Territorium liegenden Schweizer Teil des Flughafens Basel-Mulhouse über eine von Basel führende zollfreie Straße. Denn ob Schengen nach einer Trennung von Wallonen und Flamen in „Belgien“ noch funktionieren würde, ist auch die Frage.
Rien à déclarer !
Lies bitte den Rest meines Beitrags. So abzukürzen stellt meine Meinung anders vor, als ich sie ausgedrückt habe. Deine Zitat ist unehrlich.
Der Unterschied zw Belgien und Griechenland, Frankreich usw liegt darin, dass die belgische Regierung keine Legitimität mehr hat, und daher nichts machen darf.
Also noch einmal : die « belgische Lösung » (keine Regierung, weil es auch ohne halbwegs gut funtkionniert) ist die schlechteste Lösung.
Natürlich tun die Regierungen was. Die Frage ist eher, ob sie das Richtige tun…
Und es haben schon Verhandlungen für die Bildung der neuen Regierung angefangen… Die Regierung muss 14 bis 15 Minister haben, sprachlich gleich verteilt. Wobei der Premierminister nicht mit gezählt wird, aber der Vorsitzende der Bundesversammlung und der europäische Kommissar schon !
Die Koalition wird mit den frzsprachigen Parteien PS (Sozialisten), MR (liberal-konservativ) und CDH (christlich-demokrat) gebildet, sowie mit den flämischsprachigen SP.a (Sozialisten), Open-VLD (liberal), CD&V (christlich-demokrat). Jede Partei bekommt die Ministerien proportionnell zur Größe ihrer Fraktion im Parlament. Die Ernennung von Staatssekretären kann zum gewünschten Gleichgewicht zw. Parteien und Sprachen beitragen.