Präsidentschaftswahlen 2017

Und Mélenchons Frankreich
FranceMélenchon.jpg

Interessant sind die Ergebnisse von Paris. Es verschärft sich der politische Unterschied zwischen Paris und dem Rest des Landes. Macron ist deutlich höher als im nationalen Durchschnitt: 34,83. Le Pen ist mit 4,99% quasi abwesend. Die beiden traditionnellen Grossparteien sind auch viel höher als im Rest des Landes: Fillon 26,45, Hamon 10,18.
Die Kluft zwischen West- und Ostparis erweitert sich auch immer mehr. Im Westen ist die Hegemonie der Konservativen nicht zu stoppen: über 50% für Fillon in den edlen 7ten, 8ten und 16ten Bezirken (sogar 58,45% im 16ten). Da machen die linken Kandidaten zusammen circa 10% der Wähler aus. Im Osten hingegen liegt Mélenchon auf dem ersten Platz mit über 30% (19ten, 20ten), im 20ten Bezirk erreicht Hamon sogar den dritten Platz vor Fillon…

Die Karten sind sehr spannend, Mislep. Ich frage mich aber, wie es in der Bretagne zu einem so großen Zuspruch für Macron kam. Ich habe diese Region eher als katholisch und konservativ verstanden. Gibt es eine Erklärung dafür?

Ansonsten liest man aus der Karte vor allem, dass es scheinbar zwei abgehängte Landesteile gibt, die Occitanie und den Norden. Während der Süden sich noch nicht einig ist, in welches Extrem er schlagen möchte, hat sich der Norden schon längst eindeutig entschieden. Das ist erstaunlich, wenn man bedenkt, dass die Linke- und Arbeiterbewegung im 19. Jahrhundert sowie die Gründung von Gewerkschaften auf die Minenarbeiter Europas zurückgeht. Davon ist in Frankreich offenbar nicht mehr ein Funken übrig.

Die Bretagne ist traditionnel katholisch. Nicht unbedingt konservativ. :wink: Das heisst, katholisch mit echten katholischen Werten: Offenheit, Hilfsbereitschaft gegenüber Schwächeren usw. Sozialkatholisch könnte man sagen. Die Bretagne gilt als politisch gemässigt. Diese Region hatte 2007 auch deutlich mehr Bayrou (Zentrum) gewählt als der nationale Durchschnitt.

Ja wobei, man in den letzten Wochen eine Umkehrung festgestellt hat. Mélenchon hat die Grossstädte des Nordens und Ostens wieder gewonnen, obwohl die in den letzten Jahren le Pen bzw die FN gewählt hatten. Das erklärt, warum Le Pen nicht so hoch ist, wie erwartet, und Mélenchon viel höher. Die Arbeiter der traditionnellen industriellen Gebieten, zuerst aus den Städten, gehen langsam wieder nach Links zurück. Grosse Frage für die kommenden 5 Jahre: wird sich diese Tendenz bestätigen ?

Hier eine schöne interaktive Karte, wo man die Ergebnisse pro Département und Gemeinde gut sehen kann.
lemonde.fr/data/france/presidentielle-2017/

Vielen Dank für die Details Mislep ! :merci:
Eine Frage:
Frankreich ist ja noch sehr weit weg von der Geleichberechtigung in der Politik .Das Parlament und Senat männlich dominiert ( und oft 60+ ).
Wäre die FN stärker wenn Mme le Pen ein Mann wär ?

Ich habe auch gesehen ,le vote " blanc" ( ungültig ) ist um 26 % gestiegen im vergleich zur letzten Präsidentschaftswahl.

Nein, das würde ich nicht sagen. Viele Grossstädte und Regionen sind oder wurden schon von Frauen regiert, alle Ministerien wurden schon von Frauen geführt (sogar das Verteidigungsministerium), eine Frau ist schon in den 1990er Regierungschefin gewesen, auch wenn man sie oft vergisst. Alle Parteien haben oder hatten eine Frau an ihrer Spitze, sogar die Konservativen. 27% der Abgeordneten sind Frauen; das ist mehr als in Kanada, das man soooo gern als perfektes Land in diesem Bereich vorstellt. In der heutigen Regierung sind 9 Frauen unter den 17 Ministern (und 8 von 18 Staatssekretären).
Heute wundert sich kaum noch jemand, wenn eine Frau eine politische Führungsposition übernimmt, und es wird wahrscheinlich kaum noch jemand eine Frau nicht wählen, weil sie eine Frau ist und somit unfähig wäre… Vor 10 Jahren war es noch der Fall und ich bin mir sicher, dass es Royal den Sieg gekostet hat.
Was die Frauen noch hindert, mehr Posten zu bekommen, ist die Hartnäckigkeit vieler alten Politiker, immer wieder zu kandidieren. Da sie aus einer Generation sind, die quasi nur Männer in der Politik akzeptierte, sind das alle Männer. So lange sie den Platz nicht frei machen, haben die Frauen nur eingeschränkten Zugang zu den verschiedenen assemblées (ob national, regional oder lokal). 2017 könnte sich aber viel ändern, denn einige langjährige Abgeordneten haben schon angekündigt, dass sie nicht mehr kandidieren wollen.
Jedenfalls sollte man keine Frau wählen, nur weil sie eine Frau ist. Siehe die jetztige Wahl :smiley:

Schwer zu sagen. Meiner Meinung nach: nein, weil, wie ich es oben erklärt habe, ich glaube, dass es nun kaum noch einen Unterschied macht, ob der Kandidat ein Mann oder eine Frau ist. Philippot ist im FN weniger beliebt als le pen und hätte wahrscheinlich nicht so viele Stimmen bekommen, obwohl er ein Mann ist und in der Partei die Nummer 2 ist…

Noch eine Bemerkung bzg Männer/Frauen. Macron will das politische Personnal erneuern… Wo sind die Frauen unter seinen Unterstützungen ? Colomb, Delanoë, Bayrou, Hue, Madelin, Cohn-Bendit, Valls, Le Drian… alle Männer… und nicht wirklich der jungen Generation :mrgreen:

Wir sind leider nicht außer Gefahr. :mrgreen: !
Hamon ( Sozialist ) hat seine Wähler dazu aufgefordert ihre Stimmen Macron zu geben.
„Lieber ein politischer Gegner als ein Feind der Republik“ hat er erklärt.
Was mich aber wirklich überrascht hat , ist , daß Fillon an die politische Vergangenheit der FN mit Jean-Marie Le Pen erinnert hat und seine Wähler dazu aufgefordert hat Macron zu wählen. Mélenchon hat seinen Wählern keine Wahlempfehlung gegeben.( Rund 50% seiner Wähler könnten Macron , und 12 % Le Pen wählen.)
Über die Wählerschaft vom Front National:

Danke für die Erklärung. Über den „Sozialkatholizismus“ muss ich aber nochmal nachdenken, als jemand aus dem Land der Reformation. :neutral_face:

Ich habe im Internet zwei kleine Sachen rund um die Wahl gefunden, die einen ein bisschen schmunzeln lassen.
:arrow_right: Le Figaro vergleicht die Lokale La Rotonde, wo Macron gestern Abend mit seinen Anhängern zusammenkam, und Le Fouquet’s, in dem Sarkozy 2007 medienwirksam speiste. Nichts könnte französischer sein. :king:
:arrow_right: Marion Maréchal-Le Pen, dritte FN-Generation, sorgt mit ihrer Art auf das Ergebnis zu warten für reichlich Spott im Internet. Sie hat sich herausgeputzt und gephotoshopt beim Erdbeernkaufen in Capentras ablichten lassen. Die Twitter-Gemeinde ließ das natürlich nicht kalt. :mrgreen:

Es wäre ja auch interessant zu wissen ob es FRANZÖSISCHE Erdbeeren waren … :mrgreen: :stuck_out_tongue:

Selbstverständlich! Alle unter guter französischer Sonne gebräu… gereift.

Für diejenigen, die sich für die géographie électorale interessieren, hier ein interessanter Artikel über die Karten dieser Wahl: Erklärungen, Analyse, Vergleich mit den vergangenen Wahlen.

tempsreel.nouvelobs.com/presiden … te-fn.html

Die Wahl der frz.Staatsbürger in Deutschland:
Franzosen in Deutschland strafen Le Pen ab
Ziemlich beunrhigend , meiner Meinung nach :

Ich finde es äußerst riskant nicht zu wählen, nur weil …„Meinungsforscher so klar einen Sieg Macrons voraussagen.“

Wer hatte wirklich mit einem Brexit gerechnet, oder das Trump Präsident würde ??

Die Ergebnisse der Franzosen, die in Deutschland leben

42.588 haben gewählt

Macron 55,92%
Fillon 15,99%
Mélenchon 11,89%
Hamon 9,13%
Le Pen 3,40%
Dupont-Aignan 1,51%
Poutou 0,76%
Asselineau 0,61%
Lassalle 0,38%
Arthaud 0,23%
Cheminade 0,18%

Ergebnisse der Auslandsfranzosen je nach Land. In vielen Ländern geht es aber nur um ein paar Hunderte Wähler.

bazonline.ch/ausland/europa/macr … y/24811361

:jump:

Er traut sich immer noch nicht. :unamused:

zeit.de/politik/ausland/2017 … t-national

:europe:

Jaja : „Frankreich den Franzosen“…" Deutschland den Deutschen , Ausländer raus !"
Für die ,die den FN , und dessen Gründer Jean-Marie nicht kennen ( ist das heute noch möglich ?):

Was sich ändert , wenn die großschnäuzige Blondine Präsidentin wird ( Gott behüte !) , wissen alle Demokaten hierzulande klar und deutlich. :vamp:
:europe:

Mir gefällt diese zweite Runde der Wahl gar nicht, überhaupt nicht.Wenn man die allgemeinen Medien und die sozialen Netzwerke beobachtet.
Es wird eine ganz fiese " Volksangst" geschührt… Wieder nichts dazu gelernt ! Ich bin mir ja bewusst wie dumm Menschen sein können,aber irgendwie überrascht es mich immer wieder . :open_mouth: :confused:

Religiöse Instanzen in Frankreich ( muslimische , evangelische und jüdische) haben ihren Willen zum Ausdruck gebracht , die Le Pen bekämpfen zu wollen.Die katholischen Behörden haben keine Wahlempfehlungen gegeben , abgesehen von zwei Bischöfen (als Privatpersonen.) :mrgreen:

Daniel Cordier (96 Jahre alt) einer der letzten heute noch lebenden „compagnon de la libération , der mit 17 Jahren das bestezte Frankreich verlassen hatte, um sich der Widerstandsbewegung in London unter De Gaulle anzuschließen und Sekretär des grossen Widerstandshelden Jean Moulin geworden war , hat erklärt , daß es „monstrueux“ wäre (etwa“ abscheulich") , wenn die Le Pen Präsidentin würde , insofern sie alles darstellt , wogegen die Widerständlerdamals gekämpft haben : rechtsextremistischen Nationalismus , Fremdenhaß , Antisemitismus und Ausgrenzung der Minderheiten.
http://www.liberation.fr/france/2017/04/30/le-pen-presidente-monstrueux-pour-l-ancien-secretaire-de-jean-moulin_1566337

= ehemalige Widerstandskämpfer und Deportierte warnen vor der „tödlichen Gefahr“ der Rechtsradikalen.